Carlotta 4: Carlotta - Internat und Prinzenball

Carlotta 4: Carlotta - Internat und Prinzenball

von: Dagmar Hoßfeld

Carlsen Verlag GmbH, 2013

ISBN: 9783646925579

Sprache: Deutsch

256 Seiten, Download: 2434 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Carlotta 4: Carlotta - Internat und Prinzenball



„Wow! Deine Bilder sind echt cool!“ Carlotta steht im Fotolabor und betrachtet die Aufnahmen an der Pinnwand. Sie zeigen Alltags- und Straßenszenen mit winzigen Menschen, Häusern und Autos aus der Vogelperspektive. „Die sehen aus wie Trickaufnahmen. Wie hast du das hingekriegt?“

Nikolas steht so dicht hinter ihr, dass sie glaubt seinen Herzschlag zu spüren. Als sie sich zu ihm umdreht, lächelt er.

„Die Methode heißt Tilt-Shift. Hast du bestimmt schon mal in einem Werbespot gesehen. Du brauchst dafür ein spezielles Objektiv. Wenn du willst, leih ich dir meins. Dann kannst du es selbst mal ausprobieren.“ Sein Lächeln wird breiter. „Und wenn du möchtest, zeig ich dir auch, wie man auf den Bieneburger Rathausturm kommt, um die Welt von oben zu fotografieren. Ist zwar nicht ganz legal, aber der Ausblick lohnt sich. Besonders bei Sonnenuntergang.“

„Nee, danke. Ich glaub, ich bleib lieber auf der Erde.“ Carlotta wendet sich wieder den Aufnahmen zu – obwohl das Angebot, mit Nikolas etwas Illegales zu tun und zusammen mit ihm der Sonne beim Untergehen zuzuschauen, in ihren Ohren ziemlich verlockend klingt.

„Schade eigentlich.“ Niko beugt sich vor und zeigt auf ein Bild. „Siehst du den kleinen Hund da?“

Carlotta nickt. „Sieht aus wie Idefix. Total süß.“

Als die Tür zum Fotolabor aufgerissen wird, fahren sie herum.

Als wären wir bei etwas Verbotenem ertappt worden, denkt Carlotta und ärgert sich über ihre Reaktion. Schließlich haben Niko und sie sich nur über Fotografie unterhalten. Vollkommen harmlos.

Paula, eine ältere Mitschülerin aus der Foto-AG, nickt ihnen zu. „Sorry, ich wollte euch nicht erschrecken. Hab nur was liegenlassen.“ Sie geht zu ihrem Platz und schnappt sich einen Ordner, bevor sie wieder verschwindet. „Ciao, ihr Süßen! Und nicht vergessen: Die Letzten machen das Licht aus!“

Carlotta und Niko lachen.

„Ich glaub, sie meint uns“, sagt Niko.

„Stimmt.“ Carlotta schultert ihren Rucksack. Die Foto-AG ist seit zwanzig Minuten zu Ende. Sie hat die Zeit total vergessen. Aber wenn man mit Nikolas von Falkenstein allein in einem Raum ist, kann das schon mal passieren.

„Bist du manchmal in der Gruft?“, fragt er beiläufig, als sie das Labor verlassen haben und dem langen Gang folgen, der in die Eingangshalle führt.

„Nein“, antwortet Carlotta. „Das heißt … nur ganz selten mal.“ Wenn sie ehrlich ist, war sie bis jetzt nur ein einziges Mal in der Disco, die die Oberstufe in einem Kellergewölbe des Internats eingerichtet und treffenderweise Gruft genannt hat. Es hat sich einfach nicht ergeben. Manu und Sofie hatten entweder keine Zeit oder keine Lust und alleine macht es keinen Spaß.

„Vielleicht können wir uns ja mal da treffen“, schlägt Niko vor.

Für den Bruchteil einer Sekunde bleibt Carlottas Blick an seinen langen Wimpern kleben. Sie stolpert über ihre eigenen Füße und läuft gegen eine offen stehende Tür, die plötzlich vor ihrer Nase auftaucht. So was Hinterhältiges!

„Ähm … ja, vielleicht“, stammelt sie und flucht gleichzeitig innerlich. Wieso bringt dieser Typ sie dermaßen aus der Fassung, dass sie sogar schon gegen Türen rennt? Nur weil er so wunderschöne schokoladenfarbene Mandelaugen und Dreadlocks hat?

Na gut, denkt Carlotta. Er ist auch sonst ziemlich niedlich. Aber das ist doch kein Grund, gleich zum Trampeltier zu mutieren! Sie wirft der Tür einen bösen Blick zu und marschiert weiter.

In der Eingangshalle des Internats verabschieden sie sich voneinander. Niko geht nach links, sie nach rechts. Carlotta atmet auf. Ob er ihr hinterherschaut? Am liebsten würde sie sich umdrehen, um es zu überprüfen, aber sie widersteht der Versuchung und stapft stattdessen die Treppe ins Obergeschoss hinauf.

Manu und Sofie nehmen sie im Flur vor ihrem Zimmer in Empfang, als hätten sie dort auf sie gewartet.

„Ist was?“, fragt Carlotta ihre Mitbewohnerinnen.

Sofie verknotet die Finger. Ihre Augen glänzen.

„Bist du krank?“ Carlotta runzelt die Stirn.

Manu wirft sich eine Handvoll Nüsse in den Mund und kichert. „Ja, liebeskrank. Sprich sie lieber nicht an. Sie ist frisch verknallt.“

„Echt? In wen?“, fragt Carlotta neugierig.

„In den Neuen“, mümmelt Manu. „Er heißt –“

Sofie kommt ihr zuvor.

„Julian“, haucht sie und entknotet ihre Finger. Sie spricht den Namen halb englisch, halb französisch aus. Es klingt wie Dschülienn. „Er ist der süßeste, hübscheste Junge, den ich je gesehen habe. Mon Dieu, er ist so attraktiv!“

Carlotta und Manu wechseln einen Blick.

„Dschülienn?“, wiederholt Carlotta. „Was ist das denn für ein Name?“

„Ein ziemlich bescheuerter, wenn du mich fragst. Hört sich an wie Suppengemüse.“ Manu stupst Sofie an. „Möchtest du hier stehen bleiben und festwachsen oder kommst du mit rein?“

„Ich komme schon“, sagt Sofie und stolpert hinter ihr her.

Carlotta kann nur mit Mühe ein Prusten unterdrücken. Sofie verliebt … Das kann ja heiter werden!

Im Zimmer wirft sie ihren Rucksack in hohem Bogen auf den Schreibtisch und anschließend sich selbst auf ihr sorgfältig gemachtes Bett. Hinter ihr liegt ein langer Schultag, und obwohl das neue Halbjahr gerade erst angefangen hat, fühlt sie sich schon wieder ferienreif. Wie kann das sein?

Es ist ihr viertes Jahr im Internat Prinzensee. Sie geht in die 8. Klasse und hat sich inzwischen an das Internatsleben gewöhnt. Aber niemand hat ihr gesagt, dass mit jedem Schuljahr alles so viel schwieriger werden würde. Neue Fächer, neue Lehrer und ein bis zum Anschlag vollgestopfter Stundenplan. Dazu die Foto-AG, jede Menge Nachmittagsveranstaltungen und, und, und.

Wo bleibt da der persönliche Freiraum?, denkt Carlotta. Wann kann man mal etwas machen, das nichts mit Lernen und irgendwelchen Verpflichtungen zu tun hat? Mit Niko auf Rathaustürme klettern und romantische Sonnenuntergänge betrachten zum Beispiel. Oder sich mit ihm in der Gruft verabreden, um zu tanzen und einfach nur Spaß zu haben.

Sie schickt einen abgrundtiefen Seufzer in Richtung Zimmerdecke und wälzt sich auf den Bauch.

Manu wühlt in ihrem Kleiderschrank. Sofie sitzt am Fenster und zupft abwesend an ihren Haarspitzen, als wäre sie mit ihren Gedanken ganz woanders.

Ist sie wahrscheinlich auch, analysiert Carlotta.

„Dieser Julian …“, nimmt sie den Gesprächsfaden wieder auf, „kommt der in unsere Klasse?“

„Ich hoffe es“, antwortet Sofie.

Manus Kopf taucht aus den Tiefen ihres Kleiderschranks auf.

„Ich nicht“, grummelt sie. „Der zieht so eine Schleimspur hinter sich her, dass man darauf Schlittschuh laufen könnte. Außerdem würde mir Sofies Geschmachte während des Unterrichts tierisch auf den Keks gehen. Schlimm genug, dass ich das in meiner knappen Freizeit ertragen muss. Nee, danke. Wieso kommt der eigentlich jetzt erst nach Prinzensee? Das Schuljahr hat doch längst angefangen.“

„Vielleicht hat er eine Ausnahmegenehmigung.“ Carlotta richtet sich auf und setzt sich auf die Bettkante.

„Oder er kommt von ganz weit her.“ In Sofies Augen liegt ein verträumtes Funkeln. „Ich finde, er sieht aus wie ein Prinz von einem anderen Stern.“

Manu zeigt ihr einen Vogel. „Du meinst, der Schnösel ist außerirdisch? So ein Schwachsinn! Der ist einfach nur bescheuert!“

Carlotta steht auf und fischt ein paar Gummibärchen aus einer kleinen Keramikschale, die auf ihrem Schreibtisch steht. Langsam beginnt der Neuzugang sie zu interessieren. Ein außerirdischer Prinz im Internat wäre wenigstens mal eine Abwechslung. Prinz Julian vom Mars … Warum eigentlich nicht? Es gibt schon ein paar adlige Sprösslinge in Prinzensee; da würde eine marsianische Hoheit kaum auffallen. Es sei denn, dieser Julian hat spitze grüne Ohren oder schillernde Schwimmhäute zwischen den Fingern. Ob er wirklich so blendend aussieht, wie Sofie behauptet? Davon würde Carlotta sich liebend gern mit eigenen Augen überzeugen.

„Kann man den irgendwo besichtigen?“, fragt sie.

„Spätestens beim Abendessen wird es sich leider kaum vermeiden lassen“, antwortet Manu. „Es sei denn, er speist in seinem Zimmer, weil er für den Rest der Menschheit zu nobel ist. Angekommen ist er jedenfalls mit einem Taxi. Wir haben zufällig mitgekriegt, wie er seine Koffer ausgeladen hat. Seitdem ist es um Sofie geschehen. Ein Blick auf die Schmalzlocke und – zack! – weg war sie.“

Sofie kommentiert Manus Bericht mit einem nachsichtigen Lächeln. Sie verlässt ihren Fensterplatz, nimmt eine Bürste von ihrem Nachttisch und fährt mit langen, gleichmäßigen Strichen über ihr Haar, bis es knistert.

Carlotta schaut fasziniert zu. Egal wie lange sie sich kämmt und bürstet – so einen seidigen Schimmer bekommen ihre Haare nie!

Beim Abendessen herrscht das übliche Gedränge im alten Rittersaal des Schlosses, der als Speisesaal dient. Das Stimmengewirr und der intensive Essensgeruch rauben Carlotta für einen Moment den Atem. Gemeinsam mit Manu und Sofie bleibt sie an der Tür stehen und hält nach einem freien Tisch Ausschau.

Sofie scheint den Speisesaal mit ihren Blicken abzutasten. Allerdings sucht sie keine freien Plätze, wie Carlotta bemerkt, sondern offensichtlich den Haarschopf des Neuzugangs.

„Da ist er!“, quietscht sie plötzlich und krallt ihre Fingernägel in Carlottas Ärmel. „Dahinten am Fenster!“

Manu grinst. „An seinem Tisch sind noch drei Stühle frei. So ein Glück!“

Bevor Carlotta oder Sofie protestieren kann, strebt Manu auf den Ecktisch zu, an dem ein...

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