Throne of Glass - Die Erwählte - Roman

Throne of Glass - Die Erwählte - Roman

von: Sarah J. Maas

dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, 2013

ISBN: 9783423421447

Sprache: Deutsch

496 Seiten, Download: 2851 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Throne of Glass - Die Erwählte - Roman



1


Nach einem Jahr Sklavenarbeit in den Salzminen von Endovier hatte Celaena Sardothien sich daran gewöhnt, dass sie überallhin mit Waffengewalt und in Ketten gebracht wurde. So behandelte man fast alle der Tausenden von Sklaven in Endovier – Celaena wurde auf dem Weg in die Minen und zurück allerdings immer von sechs zusätzlichen Wachen begleitet. Doch das war für Adarlans berüchtigtste Assassinin keine Überraschung. Sehr wohl eine Überraschung war jedoch der schwarz gekleidete Mann, der nun an ihrer Seite ging und dessen Gesicht unter einer Kapuze verborgen war.

Er hielt sie am Arm gepackt, als er sie durch das helle, glänzende Gebäude führte, in dem die meisten Beamten und Aufseher von Endovier untergebracht waren. Sie gingen Flure entlang, stiegen Treppen hinauf und bogen so oft um die Ecke, bis Celaena absolut keine Chance mehr hatte, allein wieder hinauszufinden.

Zumindest war das wohl die Absicht ihres Bewachers, denn sie hatte es natürlich jedes Mal bemerkt, wenn sie innerhalb weniger Minuten dieselbe Treppe hinauf- und wieder hinuntergestiegen waren. Auch war ihr aufgefallen, dass sie zwischen den Stockwerken im Zickzack liefen, obwohl die Flure und Treppenhäuser in einem regelmäßigen Raster angeordnet waren. Als würde sie so leicht die Orientierung verlieren. Hätte er sich nicht solche Mühe gegeben, wäre sie fast beleidigt gewesen.

Sie betraten einen besonders langen Flur, in dem bis auf ihre Schritte Stille herrschte. Der Mann, der sie am Arm festhielt, war groß und durchtrainiert, sein Gesicht unter der Kapuze auch jetzt nicht zu erkennen. Sicher ein weiterer Versuch, sie einzuschüchtern und zu verwirren. Die schwarze Kleidung gehörte wahrscheinlich ebenfalls dazu. Er drehte den Kopf in ihre Richtung und Celaena grinste ihn an. Als er wieder nach vorn sah, wurde sein eiserner Griff fester.

Irgendwie fühlte sie sich geschmeichelt, auch wenn sie keinen blassen Schimmer hatte, was das hier sollte und warum der Mann vor dem Minenschacht bei den sechs Wachen auf sie gewartet hatte. Nach einem ganzen Tag Steinsalzklopfen im Inneren des Berges war ihre Laune bei seinem Anblick nicht gerade besser geworden. Aber als er sich ihrem Aufseher als Chaol Westfall, Captain der königlichen Leibgarde, vorgestellt hatte, war sie hellhörig geworden, und plötzlich war der Himmel drohend näher gerückt, die Berge hatten sich an sie herangeschoben und sogar die Erde schien sich emporzuwölben. Sie hatte schon lange keine Angst mehr gespürt, hatte sich nicht erlaubt, Angst zu spüren. Jeden Morgen beim Aufwachen wiederholte sie denselben Satz: Ich werde keine Angst haben. Ein Jahr lang hatten diese Worte den Unterschied zwischen Leben und Tod ausgemacht, sie hatten sie davor bewahrt, in der Dunkelheit der Minen kaputtzugehen. Nicht, dass sie dem Captain irgendetwas davon verraten würde.

Celaena betrachtete die behandschuhte Hand, die ihren Arm hielt. Das Leder war beinahe genauso dunkel wie ihre verdreckte Haut.

Mit ihrer freien Hand zog sie ihren zerrissenen, schmutzigen Kittel zurecht und unterdrückte einen Seufzer. Da sie vor Sonnenaufgang in die Minen ging und erst nach der Abenddämmerung wieder herauskam, sah sie nur selten die Sonne. Unter dem Dreck war sie furchtbar blass. Früher war sie einmal attraktiv gewesen, sogar schön – aber das war jetzt wohl nicht mehr so wichtig.

Als sie in den nächsten Flur einbogen, betrachtete Celaena eingehend das kunstvoll gefertigte Schwert ihres Bewachers. Der schimmernde Griff hatte die Form eines fliegenden Adlers. Als der Unbekannte ihren Blick bemerkte, ließ er seine behandschuhte Hand auf den goldenen Adlerkopf sinken. Wieder zuckte ein Grinsen in ihren Mundwinkeln.

»Ihr habt Euch weit von Rifthold entfernt, Captain«, sagte sie und räusperte sich. »Seid Ihr mit dem Heer gekommen, das ich heute Morgen herumpoltern gehört habe?« Sie spähte in das Dunkel unter der Kapuze, konnte aber nichts erkennen. Trotzdem spürte sie seinen Blick auf ihrem Gesicht, schätzend, abwägend, prüfend. Sie starrte zurück. Der Captain der königlichen Leibgarde wäre ein interessanter Gegner. Vielleicht sogar einer, bei dem sie sich ein bisschen Mühe geben müsste.

Schließlich hob der Mann seine Schwerthand und ließ die Klinge in den Falten seines Umhangs verschwinden. Für eine Sekunde blitzte seine Tunika hervor und Celaena konnte den daraufgestickten goldenen Wyvern erkennen. Das königliche Wappen.

»Was geht Euch das Heer von Adarlan an?«, fragte er zurück. Wie angenehm es war, eine Stimme wie ihre eigene zu hören, ruhig und klar verständlich, selbst wenn sie einem widerlichen Mistkerl gehörte!

»Nichts«, erwiderte sie und zuckte mit den Schultern. Er stieß ein verärgertes Knurren aus.

Oh ja, es wäre herrlich, sein Blut über den Marmor spritzen zu sehen. Schon einmal hatte sie die Beherrschung verloren, als ihr erster Aufseher sie am falschen Tag eindeutig zu hart angefasst hatte. Sie erinnerte sich noch an das Gefühl, als sie ihm die Spitzhacke in den Bauch gerammt hatte, und an sein klebriges Blut auf ihren Händen und im Gesicht. Binnen einer Sekunde konnte sie zwei der Wachen entwaffnen. Ob der Captain sich besser schlagen würde als ihr früherer Aufseher? Celaena grinste ihn wieder an, während sie in Gedanken mögliche Szenarien durchspielte.

»Glotzt mich nicht so an«, warnte er sie und seine Hand wanderte wieder zum Schwert. Jetzt unterdrückte Celaena das Grinsen. Sie gingen gerade an ein paar Holztüren vorbei, die sie vor wenigen Minuten schon einmal gesehen hatte. Um zu fliehen, müsste sie nur links in den nächsten Flur abbiegen und drei Treppen nach unten laufen. Der Versuch, ihr die Orientierung zu nehmen, hatte nur dazu geführt, sie mit dem Gebäude vertraut zu machen. Idioten.

»Wohin gehen wir noch gleich?«, fragte sie mit süßer Stimme und strich sich eine Strähne ihres verfilzten Haars aus dem Gesicht. Als sie keine Antwort bekam, biss sie die Zähne zusammen.

In den Fluren hallte es zu stark. Wenn sie ihn angriff, würde sie das gesamte Gebäude alarmieren. Sie hatte nicht gesehen, wo er den Schlüssel für die Handeisen hingesteckt hatte, und die sechs Wachen hinter ihnen konnten ziemlich lästig werden. Ganz zu schweigen von den Ketten.

Sie betraten einen Flur mit eisernen Kronleuchtern. Hinter den Fenstern war es Nacht geworden; Laternen leuchteten so hell, dass es kaum Schatten gab, in denen man sich verstecken konnte.

Unten im Hof hörte Celaena die anderen Sklaven zu der Baracke schlurfen, in der sie schliefen. Der Klang ihrer Klagen und der rasselnden Ketten war ihr so vertraut wie die eintönigen Arbeitslieder, die sie den ganzen Tag sangen. Das gelegentliche Solo einer Peitsche vollendete die Symphonie der Brutalitäten, die Adarlan für die größten Verbrecher, die ärmsten Bürger und die Bewohner der neu eroberten Regionen bereithielt.

Während etliche der bisherigen Gefangenen der versuchten Magie angeklagt waren – obwohl sie sie gar nicht ausüben konnten, weil alles Magische aus dem Königreich verschwunden war –, trafen in den letzten Tagen immer mehr Rebellen in Endovier ein. Die meisten stammten aus Eyllwe, einer der letzten Regionen, die sich noch gegen Adarlans Herrschaft wehrten. Aber wenn Celaena sie nach Neuigkeiten auszufragen versuchte, starrten die meisten sie nur mit leeren Augen an. Schon jetzt gebrochen. Bei der Vorstellung, welche Gewalt sie durch Adarlans Schergen hatten erdulden müssen, bekam Celaena eine Gänsehaut. Manchmal fragte sie sich, ob die neuen Gefangenen nicht besser gleich bei den Massakern gestorben wären. Und ob sie selbst nicht auch besser in der Nacht gestorben wäre, in der sie verraten und gefangen genommen worden war.

Doch sie musste über Dringenderes nachdenken, während sie ihren Weg fortsetzten. Würde man sie nun doch hängen? Übelkeit stieg in ihr auf. Natürlich war sie wichtig genug, um eine Hinrichtung durch den Captain der königlichen Leibgarde persönlich zu rechtfertigen. Aber warum brachte man sie vorher in dieses Gebäude?

Endlich blieben sie vor einer rot-goldenen Glastür stehen, deren Flügel so dick waren, dass man nicht hindurchsehen konnte. Captain Westfall nickte kurz den beiden seitlich postierten Wachen zu und diese salutierten mit ihren Speeren.

Der Captain packte Celaena jetzt so fest, dass es wehtat. Er zerrte sie zu sich, aber ihre Füße waren wie aus Blei und sie stemmte sich dagegen. »Wollt Ihr lieber in den Minen bleiben?«, fragte er, fast ein wenig amüsiert.

»Wenn mir jemand erklären würde, was das Ganze hier soll, müsste ich mich vielleicht nicht so wehren.«

»Das werdet Ihr noch früh genug herausfinden.« Ihre Handflächen wurden feucht. Ja, jetzt würde sie sterben. Es war so weit.

Die Tür öffnete sich knarrend und gab den Blick in einen Thronsaal frei. Ein gläserner, einer Weinrebe nachempfundener Kronleuchter nahm fast die gesamte Decke ein und spie diamantene Funken an die Fensterscheiben am anderen Ende des Raums. Verglichen mit der Trostlosigkeit hinter den Fenstern, war dieser Prunk ein Schlag ins Gesicht. Eine Erinnerung daran, wie viel Profit man aus ihrer Arbeit schlug.

»Rein mit Euch«, knurrte der Captain, schubste sie mit der freien Hand und ließ sie schließlich los. Celaena stolperte, ihre schwieligen Füße rutschten auf dem glatten Marmorboden aus, als sie sich aufrichtete. Sie drehte sich um und sah noch weitere sechs Wachen auftauchen.

Vierzehn Wachen plus der Captain. Vorne auf ihren schwarzen Uniformen prangte das goldene königliche Wappen – das Zeichen der persönlichen Garde der Königsfamilie: allesamt blitzschnelle, erbarmungslose Soldaten, die von Geburt an dazu ausgebildet worden waren, zu beschützen und zu töten....

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