Intervention bei Stress - Anwendung und Wirkung des Stressimpfungstrainings

Intervention bei Stress - Anwendung und Wirkung des Stressimpfungstrainings

von: Donald Meichenbaum

Hogrefe AG, 2013

ISBN: 9783456951492

Sprache: Deutsch

263 Seiten, Download: 2164 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Intervention bei Stress - Anwendung und Wirkung des Stressimpfungstrainings



Diese Anekdote kann auf verschiedenen Ebenen analysiert werden. Jede Ebene verdeutlicht uns den transaktionalen Charakter von Stress und Stressbewältigung. Es gibt verschiedene Konzepte über Stress. Einige Forscher haben Stress definiert als eine Bedingung der Umwelt wie Arbeits-, Konkurrenzoder Erziehungsstress. In dieser Betrachtungsweise bedeutet Stress ein Bündel von externen Kräften, die auf das Individuum oder die Gruppe einwirken. Gemäß einer anderen Konzeptualisierung bedeutet Stress die Reaktion des Individuums auf eine herausfordernde oder bedrohende Umwelt. Bei dieser Auffassung wird der Akzent auf die psychologische und physiologische Reaktion des Individuums oder der Gruppe angesichts einer Stress erzeugenden Umwelt gesetzt. a ¨a ¨ Wir wollen Stress weder als Stimulus noch als Reaktion konzeptualisieren, sondern als das Resultat einer Transaktion, die sowohl durch das Individuum als auch durch die Umwelt beeinflusst wird. In einer transaktionalen Perspektive wird Stress als ein kognitiv vermitteltes relationales Konzept definiert, das die Beziehung zwischen der Person und der Umwelt erfasst. Die Person bewertet den Stress unter dem Gesichtspunkt, ob ihr psychisches Wohlbefinden bedroht ist und ihre Ressourcen zur Bewältigung ausreichen. Wie Folkman (1984) betont, ist Stress weder eine Eigenschaft der Person oder der Umwelt noch ist er ein Stimulus oder eine Reaktion. Stress ist eine spezifische Beziehung zwischen der Person und der Umwelt. Diese Beziehung ändert sich ständig und ist bidirektional. Lazarus (1981) stellt fest, dass Individuen nicht nur Opfer von Stress sind, sondern die Qualität des Stresses davon abhängt, wie sie die Bedrohlichkeit des Stressereignisses (primary appraisal) und ihre Bewältigungsmöglichkeiten aufgrund der wahrgenommenen Bewältigungsressourcen (secondary appraisal) bewerten. Diese individuellen Bewertungsprozesse beeinflussen die dynamische Beziehung oder die Transaktion zwischen dem Individuum und der sozialen Umwelt. In diesem Kontext bezieht sich die Belastungsverarbeitung auf behaviorale und kognitive Anstrengungen, die inneren und äußeren Anforderungen, die durch stresshaltige Transaktionen hervorgerufen worden sind, zu meistern, zu reduzieren oder zu akzeptieren (Lazarus & Folkman, 1984). a ¨a ¨ Das transaktionale Modell betont den kognitiven interpersonalen Kontext von Stress. Manchmal provozieren gestresste Individuen oder Gruppen unabsichtlich Reaktionen bei anderen Menschen mit dem Effekt, dass ihre unadaptiven Stressreaktionen stabilisiert werden. Das Verhalten, mit dem die Probleme gelöst werden sollten, bewirkt oft das Gegenteil. Es gibt viele Beispiele von gestressten Klienten, die ängstlich, depressiv, nervös sind, ein Vermeidungsverhalten entwickeln und in ihrer Umwelt Reaktionen auslösen, die das unadaptive Stressverhaltensmuster verstärken. Ein Beispiel: Gestresste Individuen, die ängstlich werden und ein Vermeidungsverhalten entwickeln, können ein überbeschützendes Verhalten bei den Mitmenschen auslösen mit dem Effekt, dass die entsprechende Person nicht eigenständig ihre Probleme bewältigt. Dies schwächt wiederum das Selbstbewusstsein. Das Vermeidungsverhalten provoziert weiteres überbeschützendes Verhalten bei der Umwelt, das den Teufelskreis verstärkt. Ein automatischer sich selbst verstärkender Prozess entwickelt sich, indem Klienten die Ereignisse selektiv verarbeiten, sodass sie zu ihren Vorurteilen und Schemata passen. a ¨a ¨ Wir können diese transaktionale Perspektive verdeutlichen, indem wir mit der Betrachtung unserer anekdotischen Zu-Bett-geh-Episode fortfahren. So war ich in dieser Situation nicht nur ein Opfer des Stresses, sondern ich spielte bei der Auslösung der Stressreaktionen auch eine aktive Rolle. Wie ich mich verhalten und wie ich die Ereignisse, meine Gedanken, Fantasien und Gefühle bewertet hatte: Dies alles beeinflusste meine Stressreaktionen. Unabsichtlich leistete ich einen eigenen Beitrag und verstärkte damit die Stressreaktion. Allzu oft verhalten sich unsere Klienten in einer ähnlichen Art, indem sie nicht die Abfolge der Ereignisse realisieren, durch die sie selbst die Stresssituationen, über die sie sich beklagen, erzeugen und hochschaukeln. Es ist die Aufgabe des SIT, die Klienten als Mitarbeiter bei der Identifikation von ersten Hinweisreizen auf Stressoren zu gewinnen, damit sie Stress erzeugende Verhaltensmuster möglichst im Entstehen unterbrechen und ändern können. Das 4. Kapitel behandelt die spezifischen klinischen Techniken, mit denen ein solches therapeutisches Arbeitsbündnis aufgebaut werden kann. Im Folgenden wollen wir mit dem Verständnis unserer anekdotischen Stressepisode fortfahren.

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