Die Mitleidsindustrie - Hinter den Kulissen internationaler Hilfsorganisationen

Die Mitleidsindustrie - Hinter den Kulissen internationaler Hilfsorganisationen

von: Linda Polman

Campus Verlag, 2010

ISBN: 9783593409399

Sprache: Deutsch

267 Seiten, Download: 3912 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Die Mitleidsindustrie - Hinter den Kulissen internationaler Hilfsorganisationen



Kapitel 10 Afghaniscam (S. 155-156)

»The more they help us find bad guys,
the more good stuff they get.«

US Armeeleutnant Reid »Huck« Finn, während er Decken,
Hemden und Nähzeug an afghanische Vertriebene
in Dwamanda in der Nähe der pakistanischen Grenze verteilte.

Ground Zero in Manhattan, New York, ist sieben Jahren nach dem Anschlag vom 11. September 2001 noch immer ein gähnendes Loch. Schaudernd blicken Touristen durch den Plastikzaun in die Baugrube. Straßenhändler umkreisen sie und winken einladend mit Fotos von den brennenden Türmen. Ein volles Album wechselt den Besitzer für 7 Dollar. Für ungefähr denselben Betrag kauft man eine Schüttelkugel mit Mini-Twin Towers oder ein T-Shirt mit Twin Tower Aufdruck. Für ein paar Quarter bekommt man beim Würstchenstand am Zaun auch noch einen Hotdog.

Ich entscheide mich für eine hübsche Ground Zero Baseballkappe. »We are a country awakened to danger and called to defend freedom.« Das waren die Worte von George W. Bush in seiner flammenden Rede unmittelbar nach dem Anschlag. Sie wurde weltweit ausgestrahlt. »Unsere Trauer hat sich in Zorn verwandelt und unser Zorn in Entschlossenheit. Alle Mittel, die uns zur Verfügung stehen – diplomatisch, erkennungsdienstlich und juristisch, jedes finanzielle Instrument und jede notwendige Kriegswaffe – setzen wir für die Zerstörung und Vernichtung des weltweiten Terroristennetzwerks ein.

Justice will be done«.Colin Powell, zu der Zeit Bushs Außenminister, skizzierte anschließend, was dieser neue politische Kurs von den amerikanischen Hilfsorganisationen erwartete – wenn sie denn weiterhin Finanzierung durch die amerikanische Regierung wünschten. »Wie unsere Soldaten und Diplomaten, dienen auch die NGOs an der Frontlinie der Freiheit. (…) Sie stärken unsere Truppen und sind wichtiger Teil unseres combat team«3, sagte er in seiner Ansprache.

USAID, zuständig für die Verwaltung der staatlichen Hilfsgelder, wiederholte die Botschaft: Am 21. Mai 2003 hielt der ehemalige Leiter von USAID, Andrew Natsios, in Washington eine Rede, die von Naomi Klein in The Guardian vom 23. Juni 2003 wiedergegeben wurde. Seine scharfe Kritik an den US-amerikanischen NGOs zielte darauf, »dass viele von ihnen nicht realisiert hatten, eine bestimmte Rolle zu spielen, nämlich Public Relations für die US-Regierung zu betreiben«.

Laut InterAction, einem Netzwerk von 160 Entwicklungs(hilfe)-NGOs, war Natsios »verärgert«, dass den von Hungertod und Krankheiten bedrohten irakischen und afghanischen Kindern nicht klar war, dass ihnen die Nahrungsmittel und Impfstoffe freundlicherweise von George Bush zur Verfügung gestellt wurden. Ab jetzt hatten die NGOs einen besseren Job zu machen, indem sie ihre humanitäre Hilfe eng mit der Außenpolitik der USA verknüpften und deutlich machten, dass sie »ein (verlängerter) Arm der US-Regierung« seien. Sollten sie dies nicht tun drohte Natsios damit, höchstpersönlich ihre Verträge aufzulösen und neue Partner zu suchen.

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