Lösungsorientiert beraten & dabei sein

Lösungsorientiert beraten & dabei sein

von: Klaus Lumma (Hrsg.)

IHP Bücherdienst , 2004

ISBN: 9783923636372

Sprache: Deutsch

179 Seiten, Download: 2087 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Lösungsorientiert beraten & dabei sein



5. Ausgewählte Übungen (S. 65-66)

5.1. Ich sehe…

Im weiteren Verlauf des ersten Abends machen wir uns vertraut mit den drei Haupt-Wahrnehmungskanälen (Wahrnehmung der äußeren Welt, Wahrnehmung der inneren Welt, Wahrnehmung der Phantasien). Als Übung dieses Gestalt-Erklärungsmodell dienen verschiedene Bildkarten, auf denen Personen in Beziehung zueinander zu sehen sind. Jede Kleingruppe erhält von Annette ein Bild zur Betrachtung. Jeder hat zunächst die Aufgabe, je drei Sätze zu den Fragen „Was sehe ich?" „Was vermute ich?" auf ein Blatt zu notieren. Anschließend trägt jeder seine Antworten in der Kleingruppe vor. Gemeinsam sprechen wir über die unterschiedlichen Wahrnehmungen. Auffällig (zufällig?) ist, dass die Frauen viel besser zwischen Vermutungen und Offensichtlichem unterscheiden können. Bernd: „Ich weiß, dass dies nicht auf dem Bild zu sehen ist, aber ich bin mir sicher, dass der Typ arrogant ist. Also ist es auch keine Vermutung!"

Angeregt durch die Übung erarbeiten die SchülerInnen im Plenum selbständig die verschiedenen Einfluss-Faktoren des Wahrnehmungsprozesses. Annette ergänzt die Ergebnisse (siehe MindMap Wahrnehmungsebenen). Um das Lernen zu erleichtern, verwenden wir neben dem Schriftlichen oft Bilder, insbesondere MindMaps zur hirngerechten Verarbeitung der Informationen. Die SchülerInnen erkennen, dass der Mensch geneigt ist, alles auf Basis seiner Erfahrungen zu erklären und zu interpretieren, anstatt seine Erfahrungen und seine Annahmen über die Welt durch das Erleben im Hier und jetzt zu aktualisieren. Ich selber wähle aus, was in den Vordergrund tritt und was im Hintergrund bleibt, bestimmt durch meine derzeitige Bedürfnislage, mein Interesse oder meine Erwartung. Dies geschieht meist unbewusst. Es wird deutlich, dass eine Sensibilisierung für die unterschiedlichen Wahrnehmungskanäle, die Selbstverantwortung und die Entscheidungsfähigkeit eines Menschen fördern.

5.2. Sinnliches Erleben

Wir nehmen unsere Eindrücke in erster Linie über die Sinne und hier im Besonderen über die Augen auf. In erlebnispädagogischen Übungen, die dazu auffordern die Augen zu verschließen, mache ich die Erfahrung, dass dies Menschen oft verunsichert und ängstigt. Im Straßenverkehr, am Fernseher und in vielen anderen Alltagssituationen sind unsere Augen sehr gefordert. Wir verlernen immer mehr, unsere anderen Sinne zu nutzen, ihr Potential zu schätzen. Um ein intensives Erleben der vernachlässigten Sinne zu ermöglichen, leiten wir am Morgen des zweiten Tages bei schönem Frühjahrswetter die folgende Übung an: „In der nächsten Partnerübung wird eine der PartnerInnen eine Augenbinde tragen bzw. die Augen geschlossen halten. Findet euch nun zu zweit zusammen". Kerstin erklärt, dass sie sich im Moment unsicher fühle und daher lieber keine Augenbinde tragen will, aber sie werde versuchen, die Augen geschlossen zu halten. Als Partnerin wählt sie ihre Freundin aus. In der Umgebung des Hauses befinden sich viele Bäume unterschiedlicher Art, Größe und Dicke. Der blinde Partner wird geführt und seine Orientierung durch mehrfaches Drehen um seine Körperachse gestört. „Nachdem ihr euren Partner für eine Zeit vorsichtig herumgeführt habt, führt ihn zu einem ausgewählten Baum".

Jetzt hat der Blinde Zeit, Kontakt mit dem Baum aufzunehmen, während sein Begleiter ihn für diese Zeit loslässt. Ich sehe, wie Bernd blind und ohne Hilfe auf den Baum klettert und renne daher gleich zu ihm hin. Mein erster Impuls: Ich muss ihn davon abhalten. Doch dann fühle ich Vertrauen auf seine eigene Kraft in mir wachsen und lasse von meinem Vorhaben ab, noch einen Moment fasziniert zuschauend. Paul spricht während der Übung immer wieder mit seiner Begleiterin. Ich mache ihn darauf aufmerksam und ermutige ihn, nicht zu sprechen. Doch einen Moment später höre ich ihn wieder sprechen. Nach einer geraumen Zeit bitte ich darum, wieder Abschied zu nehmen, und sich wieder in die Obhut des schützenden Partners zu begeben. Zurück in der Gruppe befrage ich die TeilnehmerInnen: „Wie war es? Wie habt ihr euch gefühlt?" Bernd sichtlich sinnlich verliebt: „Ich werde in meinem Leben nicht vergessen, wie ich diesen Baum gefühlt, gerochen und geschmeckt habe"… Mit Ausnahme von Paul genießt die Gruppe das Fühlen und Entdecken während der Übung. Paul: „Das Fühlen finde ich eher langweilig.

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