Schlank auf Rezept - Die Abnehmrevolution

Schlank auf Rezept - Die Abnehmrevolution

von: Siegfried Meryn, Bianca-Karla Itariu

edition a, 2023

ISBN: 9783990016725

Sprache: Deutsch

352 Seiten, Download: 4065 KB

 
Format:  EPUB

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Schlank auf Rezept - Die Abnehmrevolution



Die fetten Jahre sind vorbei – oder fangen sie gerade erst an?


»Freddy, Blada, schaffst es nicht rauf?«

Ein zehnjähriger Junge klammert sich an ein dickes Tau, das von der Decke des Turnsaals hängt. Er hat zwei Züge geschafft, jetzt steckt er fest. Unter ihm haben sich seine Mitschüler versammelt, die sich schnell und scheinbar problemlos mit Händen und Füßen an den Tauen hochgehangelt haben und schon wieder zurück am Boden sind.

Nun stehen sie da, mit verschränkten Armen und die Köpfe in den Nacken gelegt, und starren nach oben. Könnte sich der Junge auf dem Seil umdrehen, würde er sehen, dass sie lachen. Aber er kann sich nicht bewegen. Schweiß bedeckt seinen Körper, sein Turnleibchen klebt ihm am Rücken. So gerne würde er die letzten Meter nach oben klettern, doch er spürt, wie die Kraft nachlässt. Er versucht die rechte Hand am Tau entlang nach oben zu schieben, doch sie ist zu verschwitzt. Er findet keinen Halt. Sie rutscht ab. Schmerzhaft reibt er über die rauen Fasern, als er nach unten gleitet und auf dem Linoleumboden der Turnhalle landet.

Er hört Gelächter. Mit gesenktem Kopf schleicht er in die Ecke des Turnsaals, wo drei andere Jungs stehen, die eine ähnliche Körperform haben wie er: ein wenig mehr auf den Hüften, runder als die anderen Kinder. Manfred, Markus und Michael, die drei Ms, und er, Freddy. Von dem Rest der Klasse trennen sie in diesem Turnsaal scheinbar nur ein paar Meter, doch sie wissen, dass die imaginäre Grenze aus zehn Kilo besteht. Und die lassen sich nicht so leicht überwinden.

In diesem Moment ist sein gesamtes Dasein reduziert auf die Form seines Körpers. Das Gefühl vergeht auch nicht, als für seine Mitschüler wieder die Normalität eingekehrt ist. Freddy ist nicht unbeliebt in der Klasse. Er ist ein lustiger, kluger Kerl, mit dem man Spaß haben kann. Für seine Mitschüler ist die Szene im Turnsaal in der nächsten Pause bereits vergessen. Für ihn jedoch wird der Makel zu einer zweiten Haut, die kein noch so weiter Pullover verstecken kann.

Wie jeden Tag geht er mit seinem besten Freund Michael nach Hause. Michael und er wohnen im gleichen Wohnhaus, sind gemeinsam aufgewachsen und besuchen dieselbe Klasse. Sie sind unzertrennlich, könnten aber unterschiedlicher nicht sein. Michaels Haare sind blond, er hat blaue Augen und ist schlank. Freddys Haare sind dunkel, seine Augen braun und er ist eben nicht schlank.

»Stan und Laurel«, »Dick und Doof« werden sie genannt, was unfair ist, denn Michael ist nicht doof. Für die anderen Kinder ist es ein harmloser Spaß, doch für Freddy sind die Worte eine Waage, auf die er jede Kalorie legt, die er zu sich nimmt.

Als er neben Michael geht, findet er die Welt furchtbar ungerecht. Michael und er essen oft gemeinsam. Doch Michael isst eine Tafel Schokolade und bleibt dünn, wohingegen Freddy sie nur anzusehen braucht und schon zunimmt. Während seine Schulkameraden mit Mädchen ausgehen, muss er daran denken, dass er vermutlich von manchen seiner Klassenkameradinnen beneidet wird, die erst noch von der Pubertät beschenkt werden müssen. Körbchengröße B schätzt er, wenn er sich mit freiem Oberkörper betrachtet, was er außerhalb seines Badezimmers kaum tut.

Dabei sind weder seine Eltern noch sein Bruder dick. Warum ausgerechnet er? Was macht er nur falsch?

»Ist was?«, fragt Michael und reißt ihn aus seinen Gedanken. »Du wirkst, als würde dich was bedrücken.«

»Nein«, sagt Freddy und bemüht sich, ein Lächeln aufzusetzen. »Alles in Ordnung.«

»Beweg dich mehr.«

»Iss gesünder und weniger.«

Diese beiden Sätze sind seit Jahrzehnten das Mantra gegen überschüssige Kilos. Wir hören sie in Arztpraxen und in Fitnessstudios. Wir lesen sie in Social-Media-Posts und Lifestyle-Magazinen. Wir hören sie im Frühstücksfernsehen oder in Motivationspodcasts. Ohne dass sie ausgesprochen werden müssten, enthalten diese beiden einfachen Handlungsanweisungen so viele andere Sätze: »Sei nicht faul. Bring dein Leben in Ordnung. Hab dich doch einfach besser unter Kontrolle. Musst du das wirklich essen?«

Jeder dieser Sätze tut weh. Er macht dich zu etwas, das du nicht bist. Du bist nicht faul. Du bist kein unordentlicher Mensch. Du hast dich unter Kontrolle. Und natürlich musst du das nicht essen, aber eine leise, nagende Stimme flüstert dir ein, dass du es willst. Wenn nicht heute, dann morgen.

Ich weiß, wie wenig diese Ratschläge bringen. Wie verletzend sie sein können. Ich habe sie nicht nur während meiner Karriere als Arzt immer wieder gehört, sondern auch als Betroffener. Denn der Junge auf dem Tau, das war ich. Ich weiß wie es sich anfühlt, seine Ziele nicht zu erreichen, weil einem der eigene Körper im Weg steht.

Deswegen haben meine Kollegin Dr. Bianca-Karla Itariu, die sich in ihrer Forschung und ärztlichen Tätigkeit intensiv mit dem Fettgewebe und Stoffwechselstörungen beschäftigt hat, und ich dieses Buch geschrieben.

Um mit modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen Verständnis zu wecken für den täglichen Umgang mit dem, was wir zum Überleben brauchen: Essen. Eine der schönsten Sachen des Lebens wird so für viele Menschen zu einer Qual. Und diejenigen, die noch nie Probleme mit ihrem Gewicht hatten – gibt es sie überhaupt? – sind nicht davor gefeit, dieses Gefühl kennenzulernen. Denn in unserer heutigen Gesellschaft ist niemand gegen Übergewicht und infolge Adipositas, Fettleibigkeit oder unkontrollierte Gewichtszunahme, immun. Beide Begriffe sind eng miteinander verwoben und die Übergänge oft fließender als die meisten von uns annehmen.

Doch es gibt keinen Grund sich von diesen Informationen verängstigen oder entmutigen zu lassen, ganz im Gegenteil. Die Erforschung unseres Körperfettes und seiner Rolle für unsere Gesundheit sowie die Behandlung von Übergewicht und Adipositas haben in den letzten Jahren unglaubliche Fortschritte gemacht.

Was wirklich im Körper passiert, wenn wir essen und vor allem zu viel essen, war lange ein Rätsel. Wir sind gerade dabei, es zu lösen. Mit diesen Erkenntnissen entstehen völlig neue, bahnbrechende Therapiemethoden, die das Leben von Millionen Menschen zum Besseren verändern werden.

Viel zu lange wurden Übergewicht und Adipositas nicht als chronische Krankheiten betrachtet, sondern als individuelle Entscheidungen. Damit ist es – untermauert von aktuellen Studien – endlich vorbei.

Diese medizinische Revolution hat zu zahlreichen Entdeckungen geführt: Wir verstehen nun etwa viel besser, wie das Fettgewebe und dessen Hormonausschüttung in unserem Gehirn eine Kette von Reaktionen in Gang setzen. Genauso haben wir herausgefunden, was beim gefürchteten Jo-Jo-Effekt passiert, der oft eintritt, wenn man sein Idealgewicht nach langem Kampf endlich erreicht hat.

Vor allem aber zeigen neue Forschungsergebnisse ohne Zweifel, dass Adipositas eine chronische Erkrankung ist. Genauso wie Menschen mit einer angeborenen Muskelschwäche nicht einfach Gewichte stemmen können, um Muskeln aufzubauen, brauchen auch Menschen mit Übergewicht und Adipositas Unterstützung, wenn eine Gewichtsreduktion gelingen soll.

Abnehmen darf nicht länger als eine bloße Willensentscheidung betrachtet werden, die von Faulheit oder Charakterschwäche verhindert wird. Abnehmen auf Rezept ist nicht nur möglich, sondern insbesondere dann notwendig, wenn sich dadurch der Gesundheitszustand wiederherstellen oder verbessern lässt. Übergewicht und Adipositas zu überwinden ist durch erstaunliche Innovationen der modernen Medizin nicht nur in Ausnahmefällen möglich, sondern kann das Leben von Millionen Menschen zum Besseren wenden.

Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren, Adipositas als das zu erkennen, was es ist: eine chronische Erkrankung, die das Leben zahlreicher Menschen einschränkt und ihre Gesundheits- und Lebenserwartung verkürzt. Übergewicht und Adipositas gehören zu den größten medizinischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.

Bis 2035 werden laut dem World Obesity Atlas 51 Prozent der Weltbevölkerung oder, anders formuliert, vier Milliarden Menschen übergewichtig sein. Die Zahl der übergewichtigen Kinder und Teenager zwischen fünf und 19 Jahren könnte sich verdoppeln und von etwa 104 auf 208 Millionen (männlich) beziehungsweise von 158 Millionen auf 175 Millionen (weiblich) steigen.

Wenn Adipositas nicht rechtzeitig behandelt wird, sind die Folgen für die Weltwirtschaft gravierend. Im Jahr 2020 wurden weltweit 1,96 Billionen US-Dollar ausgegeben, um die Auswirkungen dieser Erkrankung zu bekämpfen. Dazu zählen nicht nur medizinische Therapien, sondern auch die Kompensation von Arbeitsunfähigkeit. Im Jahr 2035 werden diese Ausgaben bei etwa 4,32 Billionen US-Dollar liegen, sich also mehr...

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