Weniger tun, mehr bewirken! - Wie Sie sich als Führungskraft entlasten und gleichzeitig mehr erreichen

Weniger tun, mehr bewirken! - Wie Sie sich als Führungskraft entlasten und gleichzeitig mehr erreichen

von: Alfred Faustenhammer

Wiley-VCH, 2023

ISBN: 9783527844418

Sprache: Deutsch

288 Seiten, Download: 1018 KB

 
Format:  EPUB

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Weniger tun, mehr bewirken! - Wie Sie sich als Führungskraft entlasten und gleichzeitig mehr erreichen



1
Zurücklehnen – warum Nichtstun manchmal die beste Option ist


Schnelle Lösungen sind oft wie Seifenblasen – erfreulich, aber von geringem Nutzen.

Die Führungskräfte, mit denen ich arbeite, erzählen mir in Seminaren und Einzelcoachings immer wieder von Momenten, in denen sie das Gefühl haben, völlig überlastet oder sogar schon gescheitert zu sein. Sie erwähnen zahlreiche Überstunden, immer neue Projekte, rasch aufeinanderfolgende Umstrukturierungen, Schwierigkeiten mit Mitarbeitenden und zahlreiche Konflikte verschiedensten Ursprungs. Die Menge an anfallenden Aufgaben ist dabei meist gar nicht der Grund für diese starken Gefühle der Überlastung. Daher lässt sich dieser ständige Druck auch nicht durch das Delegieren von Aufgaben lösen. Es sind vielmehr die eigenen hohen Erwartungen und die Erwartungshaltungen der Kollegen, Mitarbeitenden und höheren Führungskräfte, die sich im Leben einer Führungskraft schwer unter einen Hut bringen lassen und zu vielen inneren wie äußeren Konflikten führen. Für viele dieser belastenden Situationen existiert nicht die eine richtige Lösung, aber es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die größten Fehlentscheidungen oder Belastungen zu vermeiden.

Jedem Kapitel dieses Buches stelle ich eine Geschichte voran, die Ihnen Einblicke verschaffen wird, wie anspruchsvoll und divers reale Führungssituationen für Führungskräfte sein können. Lassen Sie sich von diesen Geschichten anregen, an Ihre eigenen Führungserlebnisse zu denken. Was davon haben Sie so oder ähnlich bereits selbst erlebt? Situationen, in denen Sie zunächst vielleicht nicht weiterwussten, oder aber auch Augenblicke, die Sie stark berührt haben. Menschen zu führen bringt uns mit allem in Kontakt, was zutiefst menschlich ist: die gesamte Emotionspalette aus Angst, Freude, Trauer, Eifersucht, Hoffnung, Zorn, Euphorie, Verzweiflung, Überraschung und Frustration. Auch die Protagonistin unserer ersten Geschichte erlebt all das und noch mehr …

Im Seminarraum des Instituts für Molekulare Biotechnologie riecht es nach verbrauchter Luft. Die wöchentliche Besprechung der neun Wissenschaftler endet ohne greifbares Ergebnis. Bea Hilgers bedankt sich bei allen neun Institutsangehörigen und endet mit diesen von ihr schon so oft gesprochenen Worten: »Falls ihr Fragen oder Probleme habt, bin ich immer für euch da. Meine Tür ist stets offen.« Alle Institutsmitglieder nicken knapp, klappen ihre Laptops zu und verlassen in kleinen Gruppen murmelnd den Seminarraum. Bea blickt ihnen nach und stopft dann mit zweifelndem Blick ihr MacBook in dessen Hülle. Vor mehr als einem Jahr ist Bea bereits als Leiterin an das Institut für Molekulare Biotechnologie in Heidelberg berufen worden. Trotzdem hat sie noch immer den Eindruck, dass sie von vielen ihrer Kollegen und Kolleginnen abgelehnt wird. Ob es daran liegt, dass sie als erste Frau an diesem Institut eine Professur erhalten hat und auch noch aus Österreich kommt, hat Bea noch nicht so richtig herausgefunden. Denn die traurige und beunruhigende Tatsache ist: Ihre Vorschläge zu neuen Forschungsfeldern wurden in den letzten Monaten weder von ihrem Chef, dem Departmentleiter Matthias Kruger, noch von den anderen Professoren aufgegriffen. Bea versteht die Welt nicht mehr, denn bisher hat sie alle ihre Ziele im Leben erreicht: Dissertation in Boston, Habilitation in Zürich, dreimal Iron Man in Hawaii und all das, während sie zwei Kinder großzieht. Aber im Laufe der letzten Monate macht sich immer mehr ein Gefühl des drohenden Scheiterns in Bea breit.

Ständig kommt es zu Konflikten zwischen den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen in Beas Team. Meistens erfährt sie erst nach Wochen oder sogar Monaten davon. Alle scheinen von ihr zu erwarten, diese Meinungsverschiedenheiten zu lösen, aber niemand spricht die Konflikte offen an. Sie hat das ständige Wispern hinter ihrem Rücken so satt, weiß aber nicht, was sie dagegen tun kann. Diese angespannte Situation belastet Bea zusehends. Seufzend verlässt sie den Konferenzraum, um sich in ihr Büro zu begeben. Aber dieser Rückzug ist ihr nicht vergönnt. Denn Arbeitsgruppenleiterin Simone Balázs aus Ungarn fängt Bea im Korridor ab und spricht sie mit aufgeregter Stimme an: »Bea, du hast doch gerade gesagt, dass wir jederzeit zu dir kommen können. Ich habe ein akutes Problem. Alex hat mich schon wieder gemobbt! Er ist genauso wissenschaftlicher Mitarbeiter wie ich, weigert sich aber, mich bei der Korrektur der Seminararbeiten zu unterstützen. Außerdem fährt er von einem Kongress zum anderen und verkauft dort meine Forschungsarbeit als seine Idee. Du musst das ein für alle Mal richtigstellen!«

Bea ist von diesem Schwall an Hilferufen, noch dazu im Korridor, etwas überrumpelt. Sie verspürt aber auch Freude, weil Simone sich zu öffnen scheint und um Unterstützung bittet. Simone verbringt nicht nur die Arbeitstage, sondern auch ihre Wochenenden am liebsten im Labor. Sie vermeidet Vorträge und öffentliche Auftritte und meldet sich in der Institutsbesprechung nie zu Wort. Bea hat bisher nicht den Eindruck gehabt, dass Simone ihre Resultate unbedingt selbst in die Welt tragen möchte. Nun zeigt sie sich Simone gegenüber jedoch sofort verständnisvoll: »Natürlich werde ich das klarstellen. Alex muss seinen Beitrag leisten und darf dich keinesfalls mobben! Ich werde noch heute mit ihm sprechen!« Simone blickt Bea verdutzt an. Sie hat nicht damit gerechnet, dass Bea ihr ohne weiteres Hinterfragen sofort Unterstützung zusagen würde. Sie murmelt ein ungläubiges Dankeschön und kehrt in ihr Büro zurück.

Bea hingegen biegt in den Flur zu Alex’ Büroräumlichkeiten ein. Auf dem Weg dahin spürt sie, wie blanke Wut in ihr aufsteigt. Sie muss daran denken, wie oft in ihrer eigenen Karriere andere versucht haben, ihr Erfolge vor der Nase wegzuschnappen. Als sie vor über einem Jahr das Berufungsschreiben für ihre aktuelle Position erhielt, hat sie sich fest vorgenommen, vorrangig junge Frauen bestmöglich zu fördern. Unter dem Einfluss all dieser leicht »kriegerischen« Gedanken betritt sie Alex’ Büro, ohne anzuklopfen. Er steht am Fenster und beendet gerade mit fröhlicher Stimme ein Telefonat. Dann dreht er sich um und begrüßt Bea mit einem strahlenden Lächeln. »Hallo, Bea! Was bringst du mir für gute Nachrichten?« Bea holt Luft, aber kommt trotzdem ins Stottern, ihr voriger Elan scheint völlig verpufft. »… Wegen der Seminararbeiten … du weißt schon … die sind bis zum Ende dieser Woche zu korrigieren … du hast doch sicher schon daran gearbeitet, oder?« Alex lächelt charmant und antwortet zufrieden: »Alles fast schon erledigt. Max hat ein Drittel gemacht, und ich bin mit meinem Teil auch nahezu fertig. Warum die Sorge? Gibt es Probleme?« Bea schwankt zwischen Ärger über seine gute Laune und Scham über ihren verunglückten Auftritt: »Ich wusste ja nicht … Simone sagte mir heute nach der Institutsbesprechung … stimmt es, dass du verkündest, dass die Idee zu ihrem letzten Artikel von dir kam?« Alex’ Heiterkeit ist schlagartig erloschen. Mit zusammengekniffenen Augen tritt er einen Schritt auf Bea zu und blickt ihr erzürnt in die Augen: »Aha! Simone erzählt also nicht nur Matthias, dass ich sie mobbe, sondern auch dir? Und du nimmst das alles auch noch für bare Münze? Ohne dir vorher meine Sicht der Dinge anzuhören?« Bea fühlt sich, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen. Hat Simone ihr nur Lügen aufgetischt, die sie, Bea, bereitwillig geschluckt hat? »Ich werde das klären«, ruft sie Alex zu. Abermals wütend – wenn auch aus anderen Gründen – dreht sie sich um und stürmt aus Alex’ Büro. Dieser bleibt verärgert zurück.

Bea legt den Weg zu ihrem Büro mit schnellen Schritten zurück. Am liebsten wäre sie losgerannt und gleich einen ganzen Marathon gelaufen, um ihr überschüssiges Adrenalin abzubauen. Als sie in den Gang einbiegt, der zu ihrem Büro führt, erscheint wie der Geist aus der Flasche plötzlich ihr Vorgesetzter, Matthias Kruger. Bea kann einen Zusammenstoß nicht mehr verhindern und knallt voll in Matthias hinein. Matthias zischt ein paar ärgerliche Worte und streicht sich dann seine langen grauen Haare aus dem Gesicht. Matthias ist Departmentleiter und 63 Jahre alt. Er steht kurz vor dem Ruhestand, aber Bea weiß, wie sehr er sich innerlich dagegen wehrt. Jetzt setzt er mit salbungsvoller Stimme an: »Ah, da bist du ja. Ich habe dich schon gesucht. Es geht um den frei gewordenen Sitz im internationalen ANCB-Rat. Ich weiß, diese Aufgabe ist recht aufwendig, aber ich dachte, du kannst das übernehmen. Da kennst du dich schließlich am besten aus. Das hast du für die Österreicher ja auch schon gemacht.« Bea muss sich nach dem heftigen Zusammenstoß erst sammeln. Langsam aber dämmert es ihr, was Matthias gerade wieder einmal versucht. Sie kennt das schon. Matthias befindet sich zwei Jahre vor seiner Pensionierung, seine Sitze in den wichtigen internationalen Gremien will er...

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