Der Wunderstürmer (Band 1) - Hilfe, ich habe einen Fußballstar gekauft! - Ausgezeichnet mit dem Lese-Kicker 2020

Der Wunderstürmer (Band 1) - Hilfe, ich habe einen Fußballstar gekauft! - Ausgezeichnet mit dem Lese-Kicker 2020

von: Ocke Bandixen

Loewe Verlag, 2019

ISBN: 9783732012886

Sprache: Deutsch

208 Seiten, Download: 3512 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Der Wunderstürmer (Band 1) - Hilfe, ich habe einen Fußballstar gekauft! - Ausgezeichnet mit dem Lese-Kicker 2020



MITTWOCH - TAG 2


KAPITEL 2


Konrad hatte das Spiel schon, wie immer. Konrad hatte immer alle Spiele auf dem Computer oder auf dem Handy. Ein eigenes Smartphone hatte er natürlich auch. Ein neues, versteht sich. Und das nervte ziemlich. Beides.

Gerade spielte er Ball-im-Netz.

Eine der guten Sachen an Konrad, meinem besten Freund, war: Wenn man mit ihm über Spiele redete, kannte er sich wirklich aus und er konnte einem viele Sachen zeigen. Und wir zockten öfter bei ihm zu Hause. Das machte dann wieder Spaß!

Bei Ball-im-Netz ging es darum, eine Mannschaft zusammenzustellen und gegen andere antreten zu lassen. Meine Mannschaft hieß Juventus Hegenwald. Erst wollte ich sie anders nennen: Die Goldene Horde (das klang schön wild) oder Tim und die Struppis (Tim, so heiße ich). Aber das wollte ich nur, weil Konrad so einen coolen Namen für seine Mannschaft hatte: Konrads kickende Kompagnons (Kompagnons – das ist ein anderes Wort für Geschäftspartner).

Gurkentruppe, das sagte mein Vater immer, wenn der FC Fortuna verlor. Deshalb wollte ich meine Mannschaft auch erst Juventus Gurkentruppe nennen. Das klang lustig, fand ich.

Papa nennt die Nationalmannschaft auch so, oder die Mannschaft von Clemens. Clemens ist mein älterer Bruder und er ist Verteidiger beim SC Hegenwald, unserem Sportverein (und er hat so lange Haare, die ihm immer vor dem Gesicht hängen, dass man gar nicht weiß, ob nur seine Haare da sind oder er selbst auch). Im Gegensatz zu Papa und mir spielte er gut Fußball. Ich sah manchmal zu, alleine oder zusammen mit Papa.

Konrad hatte mir gezeigt, wie das Spiel funktioniert: Man musste bei Ball-im-Netz wie ein Trainer arbeiten. Mannschaften zusammenstellen, neue Spieler kaufen, einwechseln und vieles mehr, wie in der richtigen Bundesliga. Die Mannschaften traten gegeneinander an und man konnte als Trainer bestimmen, wie sie taktisch spielen sollten.

Das tat ich auch und bald stand meine Mannschaft beinahe so gut da wie Konrads.

Ich durfte am Tag eine halbe Stunde auf dem Handy meines Vaters spielen. Kein Wunder, dass Konrad besser war als ich. Er aß und schlief nicht einmal ohne sein Handy (das meines Vaters konnte ich nur nehmen, wenn er zu Hause war).

„Ein eigenes Handy ist einfach praktischer. Du solltest das deinen Eltern mal sagen!“

Konrad hatte gut reden. Gerade hatte er Cristiano Ronaldo neben Lionel Messi aufstellen lassen.

Ich musste gleichziehen. Ich kaufte Sergio Mavalli. Und damit veränderte sich alles. Alles! (Meine Lehrerin Frau Tau sagt, ich soll nicht immer alles doppelt sagen. Aber muss manchmal sein.)

Sergio Mavalli. Schon hatten wir den Salat. (Nein, das stimmt nicht ganz, den bekamen wir erst später. Wenig später, deshalb schnell weiter zum …)

KAPITEL 3


Es klingelte an der Tür. Gut, das passierte manchmal. Wenn zum Beispiel Charlene vorbeikam. Charlene war die Freundin meiner Schwester Martha und wohnte gegenüber. (Also kam sie meistens ohne zu klingeln durch die Gartenpforte und klingelte gar nicht. Schlechtes Beispiel.) Martha hatte übrigens auch lange Haare, nur ich nicht. Meistens trug Martha aber Zöpfe, einen Pferdeschwanz oder Spangen. Manchmal stellte ich mir vor, Clemens würde seine Haare ebenfalls so tragen. Jedes Mal musste ich bei dem Gedanken laut loslachen.

Oder Marlene kam. Das war die Freundin von Clemens (ebenfalls lange Haare). Sie klingelte. Wir (also Familie Marksen) klingelten nicht, wenn wir nach Hause kamen. Wir wohnten ja schließlich dort (und hatten einen Schlüssel). Nur Martha nicht, die ist noch zu klein. Die klingelte aber auch nicht, die rief laut „Mama“, wenn sie reinwollte.

Heute klingelte es gleich mehrmals. Als ob jemand sehr dringend mit einem von uns sprechen wollte. Oder aufs Klo musste. Auch das kam vor.

Es war kurz vor dem Abendbrot und ich war nicht ganz fertig mit den Hausaufgaben.

Mein großer Bruder war beim Training, mein Vater war nicht da. Meine Mutter rief: „Tim, kannst du mal aufmachen?“

Ich öffnete.

Und dachte, mich trifft der Schlag.

Ein Gesicht. Ein Grinsen. Ein dunkler Lockenkopf. Eine Sporttasche.

Sergio Mavalli.

Ich machte die Tür wieder zu.

„Hallo?“

Sergio Mavalli. Wahnsinn!

Oder ein Mann, der so aussah wie Sergio Mavalli, stand vor unserer Tür.

Der Mann klopfte gegen das Flurfenster, legte die Hand an die Stirn und die Stirn an die Scheibe, um besser sehen zu können.

Ich öffnete kurz und schaute raus.

Dann schloss ich die Tür wieder. Jetzt hatte ich Klarheit.

Ich war nicht verrückt. Es war Sergio Mavalli.

„Hallo!“

„Wer ist denn da, Tim?“, rief meine Mutter von oben.

Ich war ein bisschen überfordert. Es fühlte sich an, als ob in meinem Kopf Blitze zuckten.

„Niemand. Klingelstreich!“

Jetzt öffnete ich die Tür erneut und sah Sergio Mavalli direkt ins Gesicht.

Er grinste dieses unglaubliche Sergio-Mavalli-Grinsen.

„Guten Tag, ich bin …“

„Ich weiß, wer Sie sind.“

Einen Moment lang sahen wir uns an, dann machte ich einen Schritt nach draußen, nahm den Schlüssel noch mit (wie gut, dass ich daran gedacht hatte!) und zog Mavalli am Ärmel an der Hauswand entlang. Auf der Straße startete ein Taxi, das offenbar die ganze Zeit gewartet hatte. Vielleicht weil Mavalli nicht sicher gewesen war, ob er jemand vorfinden würde. Aber ich war ja da. Das Taxi fuhr los.

„Wohin denn?“

Er meinte mich, nicht das Taxi.

„Können Sie bitte mal eben mitkommen? Und kein Wort, bitte. Hat Sie jemand gesehen?“

Er sah sich um und lächelte. „Nein, aber man kann mich ruhig sehen. Ich bin Sergio Mavalli. Ich …“

„Das weiß ich. Bitte einfach mitkommen!“

Ich zerrte ihn an der Regentonne vorbei zum Gartenhaus. Eigentlich war es mehr ein Geräteschuppen mit Fenstern. Opa hatte es mal als Häuschen gebaut, in dem man Kaffee trinken und Kuchen essen sollte. Allerdings waren zu viele Spinnen und zu viele Gartengeräte dort eingezogen, deswegen taten wir das nie.

„Haben Sie Angst vor Spinnen?“ Ich stoppte. Gerade noch rechtzeitig war es mir eingefallen. Andererseits konnte ich auf so etwas jetzt keine Rücksicht nehmen. Schatten, unsere Katze, verschwand aus dem Häuschen, in das sie durch eine Katzenklappe hineinkonnte (auch auf sie konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Diese Klammer muss jetzt wieder zu. Meine Lehrerin Frau Tau hat gesagt: Klammern sowieso nur in Ausnahmefällen. Aber das hier ist ja wohl einer!).

Ich winkte ihn eilig weiter und er nahm seinen Rucksack und seine Tasche wieder auf.

„Was soll das eigentlich? Wenn ich fragen darf.“ Sergio Mavalli drehte sich zu mir um, als wir das Gartenhaus betreten hatten.

„Dürfen Sie. Aber erst, wenn ich gefragt und Sie geantwortet haben. Was machen Sie hier? Und“, mir war die Frage gerade eingefallen, „warum sprechen Sie eigentlich so gut Deutsch?“

KAPITEL 4


Bald wusste ich, dass Sergio Mavalli so gut Deutsch konnte, weil seine Oma aus Wuppertal kam. Ich habe keine Ahnung, wo das liegt, doch es klingt nach Deutschland.

„Sie kann sehr gut kochen.“

Ich sah ihn an.

„Meine Oma.“

Langsam arbeitete mein Gehirn wieder. „Schön, aber viel wichtiger: Was tun Sie hier?“

Jetzt machte Sergio Mavalli ein erstauntes Gesicht. „Ich bin hergeschickt worden.“

„Sie spielen doch beim FC Fortuna? In zwei Wochen ist das Rückspiel, davor Bundesliga am Wochenende, zweimal.“

„Und am Dienstag ein Trainingsspiel im Chiemgau. Eigentlich. Aber jetzt bin ich ja hier.“

„Was?“

„Da fällt das mit dem Chiemgau wohl aus.“

Ich schaltete immer noch ziemlich langsam und brachte ein „Aha“ zustande.

„Auf das Rückspiel hatte ich mich schon gefreut.“ Sergio Mavallis Lippen bewegten sich und er zählte an seinen Fingern ab. „Ist in vierzehn Tagen.“ Sagte Sergio Mavalli und lächelte sein umwerfendes Lächeln. „Stark.“

Stark?

Er setzte sich zurück in den orangen Gartenstuhl und schien sehr zufrieden zu sein. Er begann zu pfeifen und leise zu singen: O sole mio! (Wir hatten das im Musikunterricht neulich.)

Ich machte ein paar hektische Bewegungen. „Herr Mavalli!“

„Sergio! Bitte Sergio für meine Freunde!“

„Also gut, Sergio. Noch einmal“, ich versuchte, meiner Stimme eine bestimmte Schärfe zu geben (meine Mutter konnte das meisterhaft, vor allem, wenn es um Gemüse ging, das ich essen sollte, aber nicht wollte). „Was machen Sie hier?“

Sergio Mavalli kramte aus seiner Jackentasche einen Zettel hervor. Er hob den Zeigefinger und las vor, was daraufstand. „Juventus …“, er stockte. Und mein Herz setzte aus. Ich setzte mich besser.

„Juventus Hegenwald.“

„Richtig.“ Sergio Mavalli grinste. „Die haben mich gekauft. Ich spiele dort, wo man mich bezahlt. Und“, er sah sich im Garten-Spinnenhaus um, „hier bin ich.“

KAPITEL 5


Ich brauchte Zeit. Bedenkzeit. Zeit, um einen Plan zu machen. Zeit, um...

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