Die Spanische Grippe - Die Seuche und der Erste Weltkrieg

Die Spanische Grippe - Die Seuche und der Erste Weltkrieg

von: Manfred Vasold

Primus-Verlag GmbH, 2014

ISBN: 9783863126469

Sprache: Deutsch

144 Seiten, Download: 1133 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Die Spanische Grippe - Die Seuche und der Erste Weltkrieg



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Vier Jahre Blutvergießen


Krieg, seit vier Jahren Krieg in Europa, seit dem Sommer 1914. Der Erste Weltkrieg setzte als bewaffneter Konflikt zwischen hoch organisierten, wirtschaftlich mächtigen und industriell hochgerüsteten Staaten neue Maßstäbe. Hinter den Armeen stand die Produktivkraft moderner Volkswirtschaften. Geführt wurde er mit bislang nie gesehener Zerstörungskraft und bis zur völligen Erschöpfung. Je länger dieser Krieg dauerte, desto höher die Verluste, und je höher die Verluste, desto schwieriger war es, ihn zu beenden.

Deutschland und Österreich-Ungarn, die Mittelmächte, kämpften gegen eine Welt von Feinden. Die materielle Überlegenheit ihrer Gegner, der Entente, lag auf der Hand: Deutschland und Österreich verfügten zusammen mit der Türkei und Bulgarien über 144 Millionen Menschen; die späteren Siegermächte – das Britische Empire zusammen mit Frankreich, Russland, Serbien und Italien – besaßen ein Vielfaches davon, zumal sie sich auch auf ihre Kolonialvölker stützen konnten. Großbritannien war die größte Handelsmacht und der größte Bankier der Welt, es investierte vor 1914 weltweit mehr Kapital als jede andere Nation und besaß obendrein noch die größte Marine. Auf die Mittelmächte entfielen 19 Prozent der Weltindustrieproduktion, auf die Entente 28 Prozent. Die Deutschen glaubten, durch Organisation, Intelligenz und Tapferkeit die materielle Unterlegenheit wettzumachen. Seit 1915 kämpfte Italien aufseiten der Entente; im Jahr darauf trat Rumänien gegen die Mittelmächte in den Krieg, 1917 Griechenland.

In einer Zeit moderner industrieller Kriegführung waren das wichtige Indikatoren, denn die Verbindung zwischen Wirtschaftskraft und Strategie war groß und wurde immer enger. Auch mit Blick auf die Energieversorgung war die Entente weit überlegen.

Der Stellungskrieg im Westen

Die Mittelmächte kämpften an vielen Fronten. Was aus ihrer Sicht als Westfront bezeichnet wird, war das bedeutendste, verlustreichste Schlachtfeld des Weltkriegs, hier fanden die am längsten anhaltenden Kämpfe statt. Im Westen war die deutsche Armee zunächst schnell vorangekommen, Anfang September 1914 standen deutsche Truppen 50 Kilometer vor Paris. Aber die Westmächte hielten die Kanalhäfen und sicherten somit den Zustrom von britischen Truppen nach Frankreich.

Die Militärstrategen hatten vor 1914 mit einem Bewegungskrieg gerechnet; aber es kam zum Stellungskrieg, weil die militärtechnische Entwicklung dem Verteidiger, sofern er über hohe Feuerkraft verfügte, einen Vorteil brachte, und weil zwischen den Kriegsgegnern an der Front fast ein Gleichgewicht der Kräfte bestand. Die feindlichen Armeen hoben ein System von Gräben aus, das über 700 Kilometer hinweg von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze reichte. Die Heere gruben sich ein. Sie errichteten Unterstände, Stützpunkte und Verbindungsgräben, in denen die Soldaten hausten, viele von ihnen jahrelang. Die Unterstände waren gut befestigt, und die Soldaten versuchten es sich hier wohnlich zu machen; doch der Schmutz, die Ratten und feindliche Angriffe machten das Leben in den Gräben zur Hölle. Aus der Luft glich der Frontverlauf einem Zickzack – ein etwa sechs Kilometer breiter Streifen Landes, darin die Erde von Granaten wie umgepflügt war. Hier gab es keinerlei menschliche Siedlungen, jede Vegetation war verschwunden – eine Mondlandschaft.

Obwohl das Deutsche Reich an vielen Fronten kämpfte, konnte es den feindlichen Angriffen im Westen standhalten. Am 20. Dezember 1914 begann die Winterschlacht in der Champagne, diese Gegend östlich von Reims wurde zum Schauplatz von zwei französischen Großoffensiven. Sie zogen sich bis März 1915 hin, dabei verlor Frankreich 90 000 Mann ohne den geringsten Geländegewinn. Im Herbst 1915 kam es hier zu einer zweiten großen Schlacht.

Nach den schweren Kämpfen und hohen Verlusten der ersten Monate war Ende 1914 ein kritischer Punkt erreicht, der deutsche Oberkommandierende Helmuth von Moltke war nervlich am Ende. Erich von Falkenhayn, der preußische Kriegsminister, übernahm seine Stellung als Generalstabschef, fortan hieß diese Position Oberste Heeresleitung (OHL). Falkenhayn war kein Schwarzseher, räumte aber schon Ende 1914 gegenüber dem Reichskanzler ein, das Deutsche Reich könne gegen eine solche Übermacht militärisch nicht gewinnen.

Niemand vermochte zu sehen, wie dieser Krieg ein Ende finden könnte. „Eine Niederlage der Mittelmächte kann nur erreicht werden, wenn es gelingt, deren stärkstes Kettenglied, Deutschland, zu bezwingen oder zu erschöpfen“, meinte Robertson, ein hoher englischer Militär, am 8. November 1915.1

Im Osten

Die Front im Osten sah ganz anders aus als die im Westen, hier bestand keine durchgehende Frontlinie. Die Front zwischen Deutschland und Russland war ständig in Bewegung. Das Straßen- und Eisenbahnnetz war im Osten viel schlechter ausgebaut als das im Westen. Weniger deutsche Truppen waren hier eingesetzt.

Russland besaß zwar ein gewaltiges Potenzial an Menschen, aber wirtschaftlich war es schwach. Die russische Armee war 1914 kaum größer als die deutsche, aber viel schlechter bewaffnet. Trotzdem gelang es den Russen im Sommer 1914, die Reichsgrenzen zu überschreiten, während die deutschen Armeen im Westen eine rasche Entscheidung suchten. In gewaltigen Schlachten in Ostpreußen wurden die Russen mit ungeheuren Verlusten zurückgeschlagen. Hier entstand der Mythos des Siegers von Tannenberg, Paul von Hindenburg. Schon im folgenden Jahr, 1915, gelang Deutschen und Österreichern im Osten, bei Krakau, ein wichtiger Durchbruch, sie besetzten Galizien, Polen, Litauen und Kurland. Aber recht viel weiter voran kamen sie nicht.

Neben der Front im Osten kämpften die Mittelmächte auch noch im Südosten, auf dem Balkan, und seit 1915 gegen Italien. Diese Front wurde in erster Linie von Österreich gehalten, das von Anfang an große Schwierigkeiten hatte, diese Herausforderungen zu bestehen. 1916 gelang es den Russen, noch einmal ein weites Stück nach Westen vorzustoßen und der österreichischen Armee bedeutende Verluste zuzufügen.2 Erst im folgenden Jahr waren die Mittelmächte im Osten wirklich erfolgreich.

Das Deutsche Reich war in der chemischen Industrie die führende Industriemacht, es stellte auch Giftgas her. Im Januar 1915 setzten die Deutschen erstmals Giftgas ein. Das Chlorgas zerstörte Zellgewebe, es regte die Lungen zur Produktion von Flüssigkeit an, der Tod durch Ersticken war qualvoll. Gasangriffe waren problematisch, wenn der Wind drehte, traf es die eigenen Leute. Außerdem war der Einsatz von Giftgas völkerrechtlich untersagt. Dennoch wurde Gas bald auf beiden Seiten der Front eingesetzt.

1916: Verdun und die Schlacht an der Somme

Verdun war eine alte französische Festung aus dem 17. Jahrhundert. Die neuen Teile waren mit Beton und Panzerung verstärkt worden. Verdun, die Stadt und die Festung, in einer Schleife der Maas gelegen, war mit dem Hinterland nur schlecht verbunden. Rund 3500 Lastkraftwagen karrten täglich an die 2000 Tonnen Material für die Versorgung der französischen Soldaten herbei.

Falkenhayn hatte sich die Eroberung Verduns zum Ziel gesetzt, daher hatte er ein schweres Aufgebot an Artillerie zusammengezogen, außerdem mehrere Divisionen. Die französischen Streitkräfte besaßen hier nur 43 Geschütze. Der Winter 1915/16 war verregnet. Am 19. Februar 1916 hörte der Regen plötzlich auf, die Sonne begann sich zu zeigen. Zwei Tage später griffen die Deutschen an. Acht Stunden lang herrschte Trommelfeuer, Stunde um Stunde, 80 000 Granaten prasselten auf einen halben Quadratkilometer nieder. Dann rückte die deutsche Infanterie unter heftigem Beschuss auf das rechte Maasufer vor. Die Verteidiger erlitten schwere Verluste, hielten aber verbissen aus. Das benachbarte Fort Douaumont fiel nach schweren Kämpfen, der Fall Verduns stand bevor. In den folgenden fünf Monaten wurde erbittert gekämpft. Neue Reserven wurden herangeschafft: Soldaten, Kanonen, Munition. Zur gleichen Zeit griffen die Briten zur Entlastung ihrer Verbündeten an der Somme an. In diesem einen Sommer verloren beide Seiten mehrere hunderttausend Mann.

„Ich bin hier mit 175 Mann angekommen und mit [ 34 zurückgekehrt, von denen einige halb verrückt geworden sind“, sagte ein deutscher Offizier bei seiner Rückkehr.

An der Somme besaßen die Alliierten die absolute Luftüberlegenheit, sie setzten Flugzeuge ein. Gleich am ersten Angriffstag, am 1. Juli 1916, fielen fast 60 000 britische Soldaten vor den deutschen Schützengräben. Auf die deutschen Stellungen regnete es eineinhalb Millionen Granaten hinab, eine ganze Woche lang, Tag und Nacht. Sie rissen tiefe Wunden in die Heere. Bis 31. Juli 1916 hatten die Deutschen 160 000 Mann verloren, die Verluste der Franzosen betrugen fast 200 000 Mann, die der Briten weit mehr als doppelt so viel, für sie war es die größte militärische Tragödie des 20. Jahrhunderts.

Im Oktober 1916 eroberten die Franzosen Verdun zurück, unter ungeheuren Verlusten auf beiden Seiten. Die Überlebenden schilderten die Kämpfe um Verdun als eine „Hölle“.

Politischer Wechsel

Gab es keine neuen Ideen, wie man den Krieg gewinnen könne? Ein Führungswechsel stand bevor. Falkenhayn und der deutsche Reichskanzler waren miteinander verfeindet, der Reichskanzler forderte seine Entlassung. Die politische Führung Deutschlands glaubte, nur durch dramatische Veränderungen könne das Kriegsglück gewendet werden. Jetzt sollten populäre Kriegshelden an seine Stelle treten: Paul v. Hindenburg...

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