Psychopharmaka absetzen - Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Ritalin und Tranquilizern

Psychopharmaka absetzen - Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Ritalin und Tranquilizern

von: Peter Lehmann (Herausgeber)

Peter Lehmann Antipsychiatrieverlag, 2020

ISBN: 9783925931505

Sprache: Deutsch

390 Seiten, Download: 2547 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: geeignet für alle DRM-fähigen eReader geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Psychopharmaka absetzen - Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Ritalin und Tranquilizern



Vorworte

Dieses weltweit erste Buch zum Thema ›Erfolgreiches Absetzen von Psychopharmaka‹, erstmals veröffentlicht 1998, richtet sich vor allem an Menschen, die aus eigener Entscheidung absetzen wollen. Es wendet sich aber auch an ihre Angehörigen und Therapeuten.

Millionen Menschen nehmen psychiatrische Psychopharmaka, zum Beispiel Haldol1, Fluctin2 oder Zyprexa3. Für sie sind detaillierte Erfahrungsberichte darüber, wie man diese Substanzen abgesetzt hat, ohne wieder im Behandlungszimmer des Arztes zu landen, von existenziellem Interesse.

Viele meiner Kollegen im psychosozialen Arbeitsfeld verbringen einen großen Teil ihrer Zeit damit, Kriterien für die Verabreichung von Psychopharmaka zu entwickeln. Diagnosen wie Zwangshandlung, Depression, Hautentzündung, Hyperaktivität, Schwangerschaftserbrechen, Schlaflosigkeit, Bettnässen, Psychose, Stottern oder Reiseübelkeit können zur Anwendung von Neuroleptika führen, von Antidepressiva, Lithium4, Tranquilizern und anderen Psychopharmaka. Die Entwicklung von Indikationen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, reich an Konsequenzen.

Diagnosen und Indikationen führen oft zur Behandlung mit Psychopharmaka, die langwierig sein kann. Wer kann vorhersagen, ob die Psychopharmaka – wenn die Zeit kommt – problemlos abgesetzt werden können? Von Tranquilizern, besonders von Benzodiazepinen, kennen wir die abhängig machende Wirkung bereits. Absetzen ohne therapeutische Hilfe und ohne Kenntnisse über die Risiken kann einen dramatischen Verlauf nehmen. Welche Risiken gibt es beim Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva und Lithium?

Welche Bedingungen können zu einem schnellen Rückfall nach dem Absetzen führen? Hörten wir nicht schon von psychopharmakabedingten Absetzproblemen, von Rezeptorenveränderungen, Supersensitivitäts- und Absetzpsychosen? Wer kann Rückfälle von verdeckten Entzugsproblemen unterscheiden?

Welche Bedingungen unterstützen ein erfolgreiches Absetzen – erfolgreich in dem Sinn, dass die Patienten danach nicht sofort wieder im Behandlungszimmer des Arztes sitzen, sondern frei und gesund leben, so wie wir uns das alle wünschen?

Lassen wir unsere Patienten nicht allein mit ihren Sorgen und Problemen, wenn sie sich – aus welchem Grund auch immer – selbst entscheiden, ihre Psychopharmaka absetzen zu wollen? Wo können sie Unterstützung, Verständnis und positive Vorbilder finden, wenn sie sich enttäuscht von uns abwenden (und wir uns von ihnen)?

Peter Lehmann, Vorstandsmitglied des Europäischen Netzwerks von Psychiatriebetroffenen (ENUSP) und ehemaliges Vorstandsmitglied von Mental Health Europe, der europäischen Sektion der World Federation for Mental Health (Weltverband für psychische Gesundheit), hat Anerkennung geerntet für die schwierige Aufgabe, als weltweit erster Experte Erfahrungen von Betroffenen und ihren Therapeuten zu sammeln, die Psychopharmaka erfolgreich abgesetzt oder ihre Klienten dabei unterstützt haben. In diesem Buch schreiben Betroffene aus Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Jugoslawien, Neuseeland, den Niederlanden, Österreich, Schweden, der Schweiz, Ungarn und den USA über ihre Absetzerfahrungen. Darüber hinaus berichten Experten aus der Medizin, Psychiatrie, Sozialarbeit, Psychotherapie und Naturheilkunde davon, wie sie ihren Klienten beim Absetzen helfen. Durch die Internationalität der Autoren bietet das Buch ein umfassendes Bild von Erfahrungen und Wissen.

Das Buch hat eine provokante Botschaft: Lebenserfahrungen weichen manchmal von wissenschaftlichen Übereinkünften ab. Es basiert auf persönlichen Erfahrungen von Betroffenen sowie von Professionellen, die beim Absetzen von Psychopharmaka helfen. Somit ist es ein guter Ansatzpunkt, in die Diskussion einzusteigen. Das Buch sollte in jeder Arztpraxis, jeder Therapiestation und in jeder Patientenbibliothek verfügbar sein.

Helsinki, 19. August 2002

Pirkko Lahti

Präsidentin der World Federation for Mental Health (2001-2003)

Aus dem Englischen von Pia Kempker

»There is no tyranny so great as that
which is practiced for the benefit of the victim.« – C. S. Lewis5

Dieses Buch ist einem Thema gewidmet, zu dem es heutzutage eine Menge abwegiger Vorstellungen gibt. Wir leben in einem Zeitalter der ›Pille für jedes Leiden‹. Speziell den Pillen, die auf unsere Psyche wirken, widmen die Menschen jedoch zu wenig Aufmerksamkeit.

Was bedeutet es, die Seele, das Selbst, den menschlichen Geist medikamentös zu behandeln? Unser Standardlexikon »Webster« definiert Psyche auf all diese drei Arten. Greifen diese Chemikalien (»Psychopharmaka«) nicht in den Kern der menschlichen Natur ein? Sollte man diesem Prozess nicht viel Vorsicht und Umsicht schenken? Wenn einmal begonnen, sollte er nicht kontinuierlich überwacht werden? Wenn doch alle drei – Seele, Selbst, menschlicher Geist – das Wesen des Menschen ausmachen, sollten dann nicht die Betoffenen aufgrund ihrer eigenen subjektiven Erfahrung mit den Psychopharmaka entscheiden, ob sie diese nehmen wollen? Die Antwort ist natürlich ein lautes und deutliches Ja.

Lassen Sie uns realistisch werden. Da es nur wenige objektive Indikatoren für die Wirkung dieser Medikamente gibt, sind die Berichte der Patienten entscheidend. Beschäftigen sich die psychopharmakaverschreibenden Ärzte und Psychiater sorgfältig mit der persönlichen Erfahrung der Patienten mit einzelnen Medikamenten? Die Antwort auf diese Frage ist natürlich unterschiedlich, aber wenn man eine andere Sprache spricht, einer Minderheit angehört, arm ist, als ›sehr krank‹ angesehen wird oder in der Psychiatrie zwangsuntergebracht ist, nimmt die Wahrscheinlichkeit, wirklich angehört zu werden, dramatisch ab – dabei ist sie für alle schon nicht sehr hoch.

Daher ist der Kern dieses Buches sehr wichtig: die Geschichten von Personen, denen nicht zugehört wurde, als ihre Seele, ihr Selbst und ihr menschlicher Geist durch die – oft zwangsweise verabreichten – Psychopharmaka Qualen erlitten. Da gibt es die Geschichten von mutigen Entscheidungen, die im Widerspruch zur Meinung von einflussreichen Experten (und manchmal gegen Familie und Freunden) getroffen wurden – und vom Leiden, das manchmal folgte. Nach dem Absetzen der Medikamente begann das Gehirn, wieder den ursprünglichen Zustand herzustellen. Die meisten wurden nie davor gewarnt, dass die Medikamente möglicherweise hirnverändernd wirken (oder noch schlimmer, Hirnbereiche abtöten), so dass Entzugserscheinungen fast zwangsläufig auftreten. Ebensowenig wussten sie, dass diese langwierig sein und als ›Rückfall‹ interpretiert werden können. Es gibt Horrorgeschichten davon, was passieren kann (aber nicht muss), wenn man versucht, das Gehirn zum normalen Funktionieren zurückkehren zu lassen, nachdem es voll unter dem Einfluss ›therapeutischer‹ Chemikalien gestanden hatte. In der Regel war dieses Leiden leider notwendig, um die Seele, das Selbst und den menschlichen Geist – den Kern der menschlichen Natur – wieder herzustellen.

Da die Medikamente gedankenlos, in paternalistischer Manier und oft unnötig gegeben wurden, um eine nicht identifizierbare ›Krankheit‹ zu heilen, ist das Buch auch eine Anklage gegen Ärzte. Den Hippokratischen Eid – in erster Linie keinen Schaden zufügen – missachtete man regelmäßig in der Eile, ›etwas zu tun‹. Wie ist es möglich zu klären, ob es Seelenmord geben kann, wenn man die Erfahrungsberichte von Patienten mit Medikamenten nicht kennt, die direkt auf das Wesentliche ihres Menschseins abzielen? Auch wenn sie sich anders geben: Ärzte sind nur Doktoren der Medizin, keine Medizingötter. Im Gegensatz zu richtigen Göttern müssen sich Ärzte für ihre Taten zur Rechenschaft ziehen lassen.

Dieses Buch ist ein Muss für alle, die mit dem Gedanken spielen, diese legalen persönlichkeitsverändernden Medikamente zu nehmen oder nicht mehr zu nehmen, und vielleicht noch eher für diejenigen, die sie verschreiben können.

26. August 2002

Dr. med. Loren R. Mosher (1933-2004)

Direktor, Soteria Associates

Klinischer Professor für Psychiatrie

University of California, San Diego

Aus dem Amerikanischen von Pia Kempker

»AutorInnen gesucht zum Thema ›Psychopharmaka absetzen‹«. So lautete mein Aufruf, den ich 1995 weltweit in einschlägigen Kreisen verbreitete. Ich schrieb:

»›Psychopharmaka absetzen. Erfahrungsberichte mit Tranquilizern, Antidepressiva, Neuroleptika, Carbamazepin6 und Lithium‹. Dies ist der Titel eines Buches, das 1997/98 erscheinen soll. Für die Mehrzahl derjenigen, denen eines oder mehrere der genannten Psychopharmaka verabreicht bzw. verschrieben werden, sind positive Beispiele dafür, dass man diese Substanzen absetzen kann, ohne gleich wieder im Behandlungszimmer des Arztes oder in der Anstalt zu landen, von existenziellem Interesse. Deshalb suche ich Autorinnen und Autoren, die über ihre eigenen Erfahrungen auf dem Weg zum Absetzen berichten und die jetzt frei von psychiatrischen Psychopharmaka leben. Ich suche aber auch Berichte von Menschen, die anderen professionell oder aus persönlichen Erwägungen mit Erfolg beim Absetzen helfen.«

Ich bekam eine Reihe von Zuschriften Betroffener, die einen Beitrag liefern wollten. Auch einige Professionelle antworteten; sie sind hier im Buch vertreten. Eine Berliner Psychiaterin zog ihren angebotenen Beitrag über das in ihrer Praxis mögliche stufenweise Absetzen, verbunden mit psychotherapeutischen Gesprächsgruppen, vermutlich aus (nicht unberechtigter) Angst zurück, absetzwillige Psychopharmakakonsumenten...

Kategorien

Service

Info/Kontakt