AVWS-Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen bei Schulkindern - Ein Ratgeber für Lehrer, Betreuer, Angehörige und Betroffene

AVWS-Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen bei Schulkindern - Ein Ratgeber für Lehrer, Betreuer, Angehörige und Betroffene

von: Claudia Hammann

Schulz-Kirchner Verlag GmbH, 2021

ISBN: 9783824809332

Sprache: Deutsch

64 Seiten, Download: 2767 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Mehr zum Inhalt

AVWS-Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen bei Schulkindern - Ein Ratgeber für Lehrer, Betreuer, Angehörige und Betroffene



Die Theorie

AVWS – eine Begriffseinordnung

Betrachten wir den Begriff der „Auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen“ (AVWS) genauer, so kann man ihn in vier Bestandteile unterteilen:

1. Auditiv
2. Verarbeitung
3. Wahrnehmung
4. Störung3. Wahrnehmung
3. Wahrnehmung
Beginnen wir mit dem Begriff „auditiv“ (von „audire“ = hören). Grundsätzlich beschreibt der Begriff „auditiv“ alles das, was mit dem Hören zu tun hat. In der Medizin heißt „auditiv“ ganz allgemein: den Gehörsinn oder das Hörorgan bzw. das Hören betreffend. Allerdings muss man das Hören wiederum in mehrere Bereiche unterteilen und nicht alle sind für die AVWS relevant. Wenn wir nun beginnen, etwas zu hören, dann durchläuft dieser Vorgang verschiedene Phasen. Zunächst einmal geht es darum, das Geräusch überhaupt wirklich hören zu können – also im landläufigen Sinn nicht gehörlos oder schwerhörig zu sein. Kann man das Geräusch angemessen hören (dies wird als „peripheres Hören“ bezeichnet), so ist ein wesentlicher Teil der auditiven Leistungen in Ordnung. Als Nächstes wird dieses gehörte Geräusch über verschiedene Stationen im Ohr weiter geleitet. Dann verlässt allerdings diese Weiterleitung das Ohr und wird über einen Nerv in Richtung Gehirn transportiert. Und genau hier kommt der Begriff der „Verarbeitung“ ins Spiel. Erreichen diese Nervenimpulse dann das Gehirn – und hier die verschiedenen Hörzentren, die für Geräusche, Musik oder Sprache zuständig sind –, dann beginnt die „Wahrnehmung“. Grob gesagt ist die auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) eine Störung, bei der die peripheren Bereiche des Hörens in Ordnung, die zentralen Bereiche des Hörens – eben die Verarbeitung und die Wahrnehmung – aber beeinträchtigt sind. Hierzu gibt es eine für den deutschen Raum gültige Definition namhafter Wissenschaftler bzw. Mediziner:3. Wahrnehmung
3. Wahrnehmung
„Eine Auditive Verarbeitungs- und/oder Wahrnehmungsstörung (AVWS) liegt vor, wenn bei normalem Tonaudiogramm zentrale Prozesse des Hörens gestört sind. Zentrale Prozesse des Hörens ermöglichen u.a. die vorbewusste und bewusste Analyse, Differenzierung und Identifikation von Zeit-, Frequenz- und Intensitätsveränderungen akustischer oder auditivsprachlicher Signale sowie Prozesse der binauralen Interaktion (z.B. zur Geräuschlokalisation, Lateralisation, Störgeräuschbefreiung, Summation) und der dichotischen Verarbeitung.“ (Nickisch u.a., 2006) 3. Wahrnehmung
3. Wahrnehmung
Was dies im Einzelnen bedeutet, werden wir im Kapitel über die auditiven Teilleistungen detailliert klären. Hierzu vielleicht noch eine kleine statistische Ergänzung: Man geht im Allgemeinen davon aus, dass etwa 2-3% aller Kinder (Jungen 2: Mädchen 1) eine AVWS aufweisen. Es wird angenommen und vielfach beobachtet, dass diese Zahl steigt. Schauen wir uns nun aber den Weg eines Geräusches von der Entstehung zum Gehirn genauer an.3. Wahrnehmung
3. Wahrnehmung
„Caesars Reise“ vom Ohr zum Gehirn3. Wahrnehmung
3. Wahrnehmung
Stellen Sie sich vor, wieder als Schüler in Ihrer alten Schulklasse zu sitzen. Der Lehrer steht vor der Klasse und erklärt die gallischen Kriege in der lateinischen Sprache. Seine Worte dringen in Ihr Ohr. Das Wort „Caesar“ fällt und macht sich auf den Weg zu Ihrem Gehirn. Die erste Etappe des Weges legt „Caesar“ als Schallwelle zurück. Er wird von der Ohrmuschel (dem sichtbaren äußeren Teil unseres Ohres) aufgefangen und in den äußeren Gehörgang geleitet. Hier trifft er auf das Trommelfell, das er in Schwingungen versetzt. Je nachdem, wie laut, wie leise, wie hoch oder tief Ihr Lehrer spricht, können die Schwingungen, die „Caesar“ verursacht, schneller oder langsamer, stärker oder schwächer sein. Mit dem Trommelfell hat „Caesar“ den ersten Teil seines Feldzuges – Verzeihung – seines Weges hinter sich gelassen. Er verlässt nun das „äußere Ohr“ und beginnt den zweiten Teil seiner Reise zum Gehirn. Dieser führt ihn ins „Mittelohr“. Hier befindet sich die sogenannte „Gehörknöchelchenkette“, deren Teile – der Hammer, der Amboss und der Steigbügel – gut einprägsam nach ihrem Aussehen benannt sind. Das Mittelohr ist mit Luft gefüllt und die Schwingungen, die „Caesar“ am Trommelfell ausgelöst hat, werden durch die Schwingungen des Trommelfells nun auf die Luft der Gehörknöchelchenkette übertragen. Jeder einzelne Teil der Kette gibt die Schwingungen an den jeweils nächsten weiter, bis sie am Ende der Kette beim Steigbügel angekommen sind. Und hier am Ende des Mittelohres endet der zweite Abschnitt der Reise. Hier befindet sich das sogenannte „Ovale Fenster“. Der Steigbügel gibt die entstandenen Schwingungen an dieses Ovale Fenster weiter. Dahinter beginnt der dritte Teil der Reise im Innenohr. Während das Mittelohr, das „Caesar“ bisher durchwandert hat, mit Luft gefüllt ist, muss er sich nun ins nasse Element begeben, denn das Innenohr ist mit Flüssigkeit, genauer mit Lymphflüssigkeit, gefüllt. Diese Flüssigkeit wird nun durch die Impulse des Steigbügels auf das Ovale Fenster in entsprechende Schwingungen versetzt, die innerhalb des Innenohres weitergeleitet werden. Im Innenohr befindet sich die sogenannte „Schnecke“ (oder fachlich Cochlea), die genauso aussieht, wie sie heißt. In ihrem Inneren sind an einer Membran kleinste Haarzellen, die in der Lymphflüssigkeit die weitergeleiteten Schwingungen sozusagen „entgegennehmen“. Dabei sind bestimmte Regionen dieser Haare für bestimmte Schwingungen zuständig. War Ihr Lateinlehrer eine Lehrerin, so waren die Haarzellen gleich am Anfang der Schnecke für die Annahme der Schwingungen zuständig, da sie auf hohe Töne reagieren. Sprach Ihr Lehrer dagegen mit tiefer Stimme, so mussten die Schwingungen bis ans Ende der Cochlea wandern, wo die Haarzellen für die tiefen Töne sitzen. Lauschen Sie einmal nicht einer einzelnen Stimme, sondern z.B. einem klassischen Orchester, so werden fast alle Bereiche der Cochlea angesprochen, die für die hohen Töne zuständigen zuerst, die für die tieferen Töne zuständigen später. Die Haarzellen, die durch für sie relevante Schwingungen reagieren, geben nun Impulse an mit ihnen verknüpfte Nervenfasern weiter. Diese Nervenfasern laufen, vereinfacht gesagt, zusammen, bündeln sich und

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