Throne of Glass - Kriegerin im Schatten - Roman

Throne of Glass - Kriegerin im Schatten - Roman

von: Sarah J. Maas

dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, 2014

ISBN: 9783423422604

Sprache: Deutsch

528 Seiten, Download: 1950 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Throne of Glass - Kriegerin im Schatten - Roman



2


Celaena Sardothien schritt durch die Flure des gläsernen Schlosses von Rifthold. Der schwere Sack in ihrer Hand schwang bei jedem Schritt mit und schlug immer wieder gegen ihre Knie. Obwohl die Kapuze des schwarzen Umhangs ihr Gesicht verbarg, stoppten die Wachen sie nicht, als sie auf den Ratssaal des Königs von Adarlan zusteuerte. Sie wussten ganz genau, wer sie war und was sie für den König tat. Als Champion des Königs stand sie im Rang über ihnen. Jetzt gab es im Schloss nur noch wenige, bei denen das nicht der Fall war. Und noch ein paar weniger, die sie nicht fürchteten.

Mit wehendem Umhang näherte sie sich der offenen Glastür. Die auf beiden Seiten postierten Wachen nahmen Haltung an und sie nickte ihnen zu, bevor sie den Ratssaal betrat. Ihre schwarzen Stiefel machten auf dem roten Marmorboden fast kein Geräusch.

Auf dem Glasthron in der Mitte des Raums saß der König von Adarlan und starrte finster auf den Sack in ihrer Hand. Genau wie bei den letzten drei Malen blieb sie vor dem Thron stehen, beugte ein Knie und senkte den Kopf.

Dorian Havilliard stand neben dem Thron seines Vaters und Celaena konnte spüren, dass er seine saphirblauen Augen auf sie gerichtet hatte. Am Fuß des erhöht platzierten Throns, zwischen ihr und der Königsfamilie, stand wie immer Chaol Westfall, der Captain der Garde. Sie sah unter ihrer Kapuze zu ihm hoch, las in seinem Gesicht. Nach seiner ausdruckslosen Miene zu schließen hätte sie für ihn auch eine Unbekannte sein können. Doch sie erwartete nichts anderes, es gehörte einfach zu dem Spiel, das sie in den letzten paar Monaten immer besser beherrschten. Chaol mochte ihr Freund sein, jemand, dem sie mittlerweile vertraute, aber er war noch immer der Captain der königlichen Leibgarde und damit für die Sicherheit der Angehörigen des Königshauses in diesem Raum verantwortlich.

»Erhebt Euch«, sagte der König.

Celaena richtete sich auf, den Kopf hoch erhoben, und streifte die Kapuze ab.

Der König machte eine Handbewegung in ihre Richtung, bei der der Obsidianring an seinem Finger im Nachmittagslicht funkelte. »Ist die Sache erledigt?«

Celaena, die Handschuhe trug, griff in den Sack und warf einen abgeschlagenen Kopf in seine Richtung. Niemand sagte ein Wort, als er aufprallte, ein dumpfes Geräusch von kaltem, verwesendem Fleisch auf Marmor. Er blieb vor den Stufen zum Thron liegen, die milchigen Augen auf den verschnörkelten gläsernen Kronleuchter über sich gerichtet.

Dorian wich zurück und wandte den Blick von dem Kopf ab. Chaol sah nur sie an.

»Er hat sich gewehrt«, sagte Celaena.

Der König beugte sich vor, um das verwundete Gesicht und den abgehackten Hals genauer zu betrachten. »Ich erkenne ihn kaum wieder.«

Celaena setzte ein spöttisches Lächeln auf, obwohl ihre Kehle wie zugeschnürt war. »Abgeschlagene Köpfe überstehen Reisen leider nicht besonders gut.« Sie griff erneut in ihren Sack und zog eine Hand heraus. »Hier ist sein Siegelring.« Sie bemühte sich, das verwesende Fleisch in ihrer Hand und den Gestank, der mit jedem Tag schlimmer geworden war, zu ignorieren, und hielt die Hand Chaol hin. Dessen bronzefarbene Augen blickten abwesend drein, als er sie entgegennahm und dem König reichte. Dieser zog mit vor Widerwillen gekräuselten Lippen den Ring von dem steifen Finger ab und warf Celaena die Hand vor die Füße, um den Ring unter die Lupe zu nehmen.

Neben seinem Vater trat Dorian unruhig von einem Bein aufs andere. Während des Wettkampfs um den Titel des Champions schien ihm ihre Vergangenheit als Assassinin nichts ausgemacht zu haben. Was hatte er denn gedacht, wie es weitergehen würde, nachdem sie zum Champion des Königs ernannt worden war? Beim Anblick von abgeschlagenen Gliedmaßen und Köpfen drehte sich aber wahrscheinlich den meisten Leuten der Magen um, selbst nach einem Jahrzehnt unter Adarlans Herrschaft. Und Dorian, der nie eine Schlacht oder Massenhinrichtungen erlebt hatte … Vielleicht sollte sie schon davon beeindruckt sein, dass er sich noch nicht übergeben hatte.

»Was ist mit seiner Frau?«, fragte der König, während er den Siegelring unablässig hin- und herdrehte.

»Liegt an die Überreste ihres Mannes gekettet auf dem Meeresboden«, erwiderte Celaena mit einem bösen Grinsen und förderte mit einem weiteren Griff in ihren Sack eine schmale, bleiche Hand samt goldenem Ehering zutage, in den das Datum der Hochzeit eingraviert war. Sie hielt sie dem König hin, doch der schüttelte den Kopf. Sie vermied es, Dorian oder Chaol anzusehen, als sie die Frauenhand wieder in den groben Leinensack zurücksteckte.

»Sehr schön«, murmelte der König. Celaena rührte sich nicht, während er den Blick über sie, den Sack und den abgeschlagenen Kopf wandern ließ. Nach unerträglich langem Schweigen sprach er weiter: »Es gibt hier in Rifthold eine wachsende Rebellenbewegung, eine Organisation von Leuten, die mich um jeden Preis vom Thron stoßen wollen und meine Pläne zu durchkreuzen versuchen. Euer nächster Auftrag besteht darin, sie alle aufzuspüren und zu erledigen, bevor sie zu einer echten Gefahr für mein Reich werden.«

Celaena packte den Sack so fest, dass ihre Finger schmerzten. Chaol und Dorian starrten nun den König an, als hörten sie davon ebenfalls zum ersten Mal.

Bevor sie nach Endovier gegangen war, hatte sie Gerüchte über eine Widerstandsbewegung gehört – in den Salzminen war sie auch tatsächlich Rebellen begegnet, die in Gefangenschaft geraten waren. Aber dass mitten in der Hauptstadt eine solche Bewegung heranwuchs und ausgerechnet sie diese Widerstandskämpfer einen nach dem anderen umbringen sollte … Und Pläne – was für Pläne? Was wussten die Rebellen über die Vorhaben des Königs? Celaena drängte all diese Fragen zurück, bis sie sicher war, dass man sie ihr nicht mehr am Gesicht ablesen konnte.

Der König trommelte mit den Fingern auf die Armlehne seines Throns und spielte mit der anderen Hand noch immer mit Lord Niralls Siegelring. »Auf meiner Liste von mutmaßlichen Verrätern stehen mehrere Leute, aber ich werde Euch immer nur einen Namen nennen. In diesem Schloss wimmelt es von Spionen.«

Bei diesen Worten spannte sich Chaol sichtlich an, doch auf ein Zeichen des Königs hin kam er mit undurchdringlicher Miene auf sie zu.

Celaena schaute ihm nicht ins Gesicht, als er ihr ein Blatt Papier überreichte, selbst als seine behandschuhten Finger dabei ihre streiften. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, las sie, was da stand. Es war nur ein einziger Name: Archer Finn.

Sie musste ihre gesamte Selbstbeherrschung aufbringen, um zu überspielen, wie schockiert sie war. Sie kannte Archer – hatte ihn kennengelernt, als sie dreizehn war und er zum Training in den Unterschlupf der Assassinen gekommen war. Er war mehrere Jahre älter als sie und damals bereits eine überaus gefragte männliche Kurtisane gewesen, gezwungen, sich ein paar Techniken anzueignen, um sich vor seinen überaus eifersüchtigen Kundinnen zu schützen. Und deren Ehemännern.

Es hatte ihm nie etwas ausgemacht, der Schwarm dieses albernen Mädchens zu sein. Er hatte sogar zugelassen, dass sie ihre Flirtkünste an ihm erprobte, und dabei war sie meist aus dem Kichern nicht mehr herausgekommen. Nun hatte sie ihn natürlich jahrelang nicht gesehen – schon vor Endovier nicht mehr –, doch so etwas hätte sie ihm nie zugetraut. Er war ein attraktiver, umgänglicher und humorvoller Typ, kein Hochverräter, der so gefährlich war, dass der König seinen Tod wollte.

Das war absurd. Wer auch immer den König mit Informationen versorgte, war ein verdammter Idiot.

»Nur ihn oder auch all seine Kundinnen?«, entfuhr es Celaena.

Die Lippen des Königs verzogen sich langsam zu einem Lächeln. »Ihr kennt Archer? Das überrascht mich nicht.« Ein Seitenhieb – eine Provokation.

Sie starrte einfach geradeaus, zwang sich, ruhig zu bleiben, bewusst zu atmen. »Von früher. Er ist ein außergewöhnlich gut bewachter Mann. Ich werde Zeit brauchen, um an ihn heranzukommen.« Ganz vorsichtig formuliert, ganz beiläufig gesagt. Wofür sie wirklich Zeit brauchte, war, herauszufinden, wie Archer in so ein Schlamassel geraten war – und ob der König die Wahrheit sagte. Wenn Archer wirklich ein Verräter und Rebell war … Was sie dann mit ihm machte, konnte sie später entscheiden.

»Dann habt Ihr einen Monat«, bestimmte der König. »Wenn er bis dahin nicht begraben ist, überdenke ich Eure Position möglicherweise noch einmal.«

Sie nickte unterwürfig, ergeben, anmutig. »Danke, Eure Majestät.«

»Wenn Ihr Archer erledigt habt, bekommt Ihr den nächsten Namen auf der Liste.«

So viele Jahre hatte sie sich von den politischen Angelegenheiten der Königreiche – insbesondere ihren Rebellenbewegungen – ferngehalten und jetzt steckte sie mittendrin. Großartig.

»Handelt rasch«, fügte der König warnend hinzu. »Und diskret. Euer Lohn für Nirall befindet sich bereits in Euren Gemächern.«

Celaena nickte wieder und steckte das Blatt Papier ein.

Der König ließ sie nicht aus den Augen. Celaena mied seinen Blick, sorgte jedoch dafür, dass sie den Eindruck erweckte, als freute sie sich bereits auf die Jagd. Schließlich sah der König an die Decke. »Schafft diesen Kopf weg und geht.« Als er Lord Niralls Siegelring in die Tasche steckte, verbarg Celaena, wie angewidert sie war. Für ihn war der Ring eine Trophäe.

Sie hob den Kopf an den dunklen Haaren hoch, griff nach der abgehackten Hand und stopfte beides in den Sack. Mit einem Seitenblick auf Dorian, dessen Gesicht kalkweiß geworden war, drehte sie sich auf dem Absatz um und verließ den...

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