Achterbahn der Gefühle - Mit Manie und Depression leben lernen

Achterbahn der Gefühle - Mit Manie und Depression leben lernen

von: Thomas Bock

BALANCE buch + medien verlag, 2007

ISBN: 9783867397117

Sprache: Deutsch

209 Seiten, Download: 934 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Achterbahn der Gefühle - Mit Manie und Depression leben lernen



2 Das eigene Erleben ernst nehmen (S. 17-18)

In Depressionen und Manien verändern sich die Stimmung, das Gefühl und die Emp.ndungsfähigkeit eines Menschen in verschiedene Richtungen – nach unten oder nach oben –, aber jeweils so grundlegend, dass sein Wesen verändert erscheint. Ein vertrauter Mensch ist auf einmal nicht wiederzuerkennen. Er erscheint erstarrt, niedergeschlagen, verzweifelt oder gigantisch, toll, lächerlich. Lebendig begraben oder immer auf der Flucht. Manchmal wirken vorhandene Anlagen eines Menschen durch eine Depression oder Manie nur gesteigert. Manchmal aber scheint die Einzigartigkeit eines Menschen verloren zu gehen, sodass nur noch eine leere Maske zu sehen ist und nur noch allgemeine Verhaltensmuster übrig bleiben. Über diesen Aspekt sind nahe Angehörige besonders erschrocken. Sie haben Angst, ein Gegenüber zu verlieren und damit auch ein Stück von sich selbst. Manchmal verstärken wir in der Psychiatrie Tätigen diese Sicht noch, indem wir allzu vereinfachend und unpersönlich davon ausgehen, dass sich der Depressive eben so oder so verhält und der Manische eben immer das und das macht. Oder wir behandeln den Körper eines depressiven Menschen so losgelöst, als hätte ihn eine abstrakte Krankheit in Besitz genommen. Allgemeine kulturelle Muster und soziale Rollen beein.ussen alle seelischen Vorgänge, selbstverständlich auch Depressionen und Manien. Und wie bei allen seelischen Vorgängen, so ist auch bei extremen Stimmungsschwankungen der Körper beteiligt.

Doch sind und bleiben Depressionen und Manien Ausdruck des psychischen Prozesses eines unverwechselbar einzigartigen Menschen. Seine Lebensgeschichte beein.usst seine Art, krank zu sein, genauso wie seine Art, gesund zu sein. Insofern hat jede Depression und jede Manie ihre besondere Gestalt und enthält auch für den Einzelnen und seine Umgebung eine besondere Botschaft, die zu betrachten sich lohnt. Das sollen die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen.

Als Teil der Medizin neigt die Psychiatrie leicht dazu, Depressionen und Manien allzu stereotyp, eben ausschließlich als abstrakte Krankheit zu behandeln. Doch Erfahrene und Angehörige konfrontieren die Wissenschaft mit der Forderung, psychische Krankheiten (wieder) als Ausdruck der Entwicklung des ganzen Menschen anzusehen, unabhängig davon, ob und in welchen Grenzen sie auch mit biologischen Mitteln zu beein- .ussen sind. Körperliche, seelische und geistige Prozesse sind untrennbar verbunden. Und bis zu seinem Tod be.ndet sich der Mensch unvermeidlich niemals nur in passiver, sondern immer auch in aktiver, sinnerschließender Auseinandersetzung mit seiner Umgebung, auch und gerade in Ausnahmezuständen wie in Depressionen und Manien.

Das Erleben des einzelnen Patienten und seiner Angehörigen rückt wieder in den Mittelpunkt aller Bemühungen um Verstehen und Behandlung. Der direkte Dialog zwischen den Experten aus Erfahrung und den Experten durch Ausbildung, der in den sogenannten »Psychoseseminaren« begonnen und sich weit verbreitet hat, lohnt sich für beide Seiten (Bock u. a. 1998, Bock u. a. 2007).

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