IT-basiertes Innovationsmanagement - HMD - Praxis der Wirtschaftsinformatik 273

IT-basiertes Innovationsmanagement - HMD - Praxis der Wirtschaftsinformatik 273

von: Josephine Hofmann

dpunkt, 2011

ISBN: 9783864910050

Sprache: Deutsch

128 Seiten, Download: 3341 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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IT-basiertes Innovationsmanagement - HMD - Praxis der Wirtschaftsinformatik 273



Kathrin M. Möslein, Jörg Haller, Angelika C. Bullinger

Open Evaluation: ein IT-basierter Ansatz für die Bewertung innovativer Konzepte


Kunden und externe Partner stellen eine wichtige Informationsquelle für neue Produkt- und Dienstleistungskonzepte dar. Ihre aktive Einbindung in den Innovationsprozess wird als »Open Innovation« bezeichnet. Zahlreiche IT-basierte Werkzeuge unterstützen heute Open Innovation als Komponente des betrieblichen Innovationsmanagements. Unter den möglichen Methoden zur Einbindung Externer kommt IT-basierten, online durchgeführten Innovationswettbewerben eine besonders prominente Rolle zu. Die Bewertung der im Rahmen von Innovationswettbewerben generierten Innovationsvorschläge wird heute meist unternehmensinternen Experten überlassen. Sie folgt damit dem klassischen Paradigma der geschlossenen Bewertung. Experten besitzen jedoch nur eine begrenzte Vorhersagegüte und stehen extern generierten Innovationen oft ablehnend gegenüber. Auch die Quantität der zu bewertenden Innovationen stellt eine Herausforderung dar. Es liegt daher nahe zu prüfen, inwieweit eine offene Innovationsbewertung durch die Teilnehmer eines Innovationswettbewerbs oder andere Interessengruppen – anstelle von internen Experten – erfolgen könnte. In Anlehnung an das Paradigma der Open Innovation sprechen wir im Falle der Einbindung Externer in den Bewertungsprozess von Open Evaluation. Der vorliegende Beitrag erörtert Grundlagen, Ausprägungsformen und Erfolgschancen offener Innovationsbewertung mittels Open Evaluation und zeigt das Potenzial und die Grenzen dieses IT-basierten Ansatzes für die Bewertung innovativer Konzepte anhand von fünf Fallstudien auf.

Inhaltsübersicht


1 Warum Open Evaluation?

2 Was ist Open Evaluation?

2.1 Innovationswettbewerbe

2.2 Bewertung in Innovationswettbewerben

3 Fallstudien zu Open Evaluation

3.1 Empirisches Feld

3.2 Methodisches Vorgehen

4 Ergebnisse zu Open Evaluation

4.1 Ausprägungen von Open Evaluation

4.2 Potenzial von Open Evaluation

4.3 Barrieren für Open Evaluation

5 Open Evaluation – wie geht es weiter?

6 Literatur

1 Warum Open Evaluation?


Das Prinzip, das Innovationswettbewerben zugrunde liegt, ist kein neues. Schon seit Beginn des 16. Jahrhunderts nutzen Könige, Kaiser und Regierungen Wettbewerbe, um relevante Probleme, wie zum Beispiel die exakte Bestimmung des Längengrads auf See, zu lösen. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts konnten sich zunehmend große Industrielle die Ausschreibung solcher Preise leisten. Zu den hierdurch gewonnenen Innovationen zählen auch die heutigen Billardkugeln, die zuvor noch aus dem deutlich kostspieligeren Elfenbein hergestellt wurden. Auch die Überquerung des Atlantiks durch Charles A. Lindberg ist das Resultat eines Innovationswettbewerbs, der von Raymond Orteig gesponsert wurde [Masters & Delbecq 2008]. Seit Kurzem steigt der Einsatz von Innovationswettbewerben sprunghaft an, da das Internet einen kostengünstigen Zugang zu innovativen Köpfen weltweit ermöglicht. Gerade neueste Entwicklungen im Bereich von Web-2.0-Applikationen eröffnen Möglichkeiten der aktiven Einbindung vieler Interessengruppen in alle Phasen des Innovations- und Wertschöpfungsprozesses. Die Bewertung der im Rahmen von Innovationswettbewerben »offen« generierten Innovationsvorschläge wird jedoch meist unternehmensinternen Experten überlassen [Bullinger et al. 2009]. Sie folgt damit dem klassischen Paradigma der geschlossenen Bewertung. Gegen eine ausschließliche Bewertung von Innovationsvorschlägen durch unternehmensinterne Experten sprechen allerdings viele Gründe: einerseits die begrenzte Vorhersagegüte der Experten [Galbraith et al. 2008] sowie verschiedene mentale Barrieren dieser, wie zum Beispiel das »Not-invented-here«-Syndrom [Katz & Allen 1982], das zu einer grundsätzlichen Ablehnung externer Innovationen führen kann. Andererseits kann die Herausforderung für die Bewertung extern generierter Innovationen auch in der Quantität bestehen: So führte Googles Project 10100 zu mehr als 154.000 externen Ideen, die in der Folge von ca. 3.000 internen Google-Mitarbeitern bewertet wurden [Google 2009]. Demgegenüber steht die starke Verbreitung von Kommentierungs- und Bewertungsfunktionen [Malone et al. 2009], wie sie aus vielen Web-2.0-Anwendungen bekannt sind und auch im Rahmen von Online-Innovationswettbewerben verstärkt zum Einsatz kommen. Sie unterstützen die Einbindung von Mitarbeitern und externen Interessengruppen in die Bewertung innovativer Konzepte.

Es stellt sich die Frage, inwiefern offene Bewertungsansätze zur Lösung dieser Problematik beitragen und welchen sonstigen Nutzen sie stiften können. Welche Bewertungsverfahren finden sich in Innovationswettbewerben? Welche Kriterien werden genutzt und wer darf was warum entscheiden? Anhand von fünf Fallstudien soll diesen Fragen auf den Grund gegangen sowie Grenzen und Potenziale dieses Ansatzes aufgezeigt werden.

2 Was ist Open Evaluation?


2.1 Innovationswettbewerbe

Innovationswettbewerbe sind unter vielen Synonymen bekannt. Idea Competitions, Design Contests oder Technologiepreise sind dabei nur einige der möglichen Bezeichnungen. Im Bereich des Innovationsmanagements findet sich häufig der Begriff Ideenwettbewerb. Dieser wird bei [Walcher 2007, S. 5] definiert als » [...]die Aufforderung eines privaten oder öffentlichen Veranstalters an die Allgemeinheit oder eine spezielle Zielgruppe, themenbezogene Beiträge innerhalb eines bestimmten Zeitraums einzureichen, die von Experten an Hand verschiedener Beurteilungsdimensionen bewertet oder leistungsorientiert prämiert werden«. Ähnliche definitorische Ansätze finden sich bei [Ebner et al. 2010] und [Leimeister et al. 2009]. Die Bezeichnung Innovationswettbewerb reicht weiter. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die offene Einbindung von innovativen Köpfen in den Innovationsprozess nicht auf die Ideengenerierung beschränkt ist, sondern potenziell auf unterschiedliche Ausarbeitungsgrade (von einer groben Idee bis hin zu einer fertigen Lösung) und alle Phasen des Innovationsprozesses bezogen werden kann. Innovationswettbewerbe sind daher Wettbewerbe, bei denen Teilnehmer ihre Fähigkeiten, Erfahrung und Kreativität nutzen, um ein ausgeschriebenes Innovationsproblem zu lösen. Die Problemstellung kann dabei von eher einfachen Aufgabenstellungen wie dem Design von T-Shirts oder Sportschuhen über die Generierung von Ideen für Babyprodukte oder von Konzepten für Serviceinnovationen bis hin zu hochkomplexen Innovationsproblemen in der Biochemie oder der Raumfahrt reichen.

Ähnlich vielfältig ist auch die Ausgestaltung der Innovationswettbewerbe, die sich anhand zentraler Gestaltungsmerkmale unterscheiden. Einen Überblick über die grundlegenden Gestaltungsmerkmale gibt Tabelle 1.

Tab. 1: Gestaltungsmerkmale von Innovationswettbewerben

Von besonderem Interesse in diesem Beitrag sind die Formen der Evaluation und die zur Verfügung stehenden Community-Funktionalitäten, die den Austausch zwischen den Teilnehmern eines Innovationswettbewerbs ermöglichen.

2.2 Bewertung in Innovationswettbewerben

Zur Ermittlung der Gewinner eines Innovationswettbewerbs können verschiedene Bewertungsgremien, -methoden und -kriterien herangezogen werden. Diese werden im Folgenden kurz vorgestellt.

Jurybewertung

Seit jeher gebräuchlich ist der Einsatz einer Jury, die sich sowohl aus unternehmensinternen als auch -externen Personen konstituieren kann. In der Regel benötigen alle Jurymitglieder eine gewisse Expertise in ihrem Fachbereich, um die Beiträge adäquat bewerten zu können. Die Entscheidung über die Gewinner kann dabei unterschiedlich strukturiert erfolgen, von intuitiven Bewertungen bis hin zur detaillierten Bewertung anhand vorgegebener Kriterien. Häufig steht eine Bewertung der Kreativität des Beitrags im Fokus. Kreativität setzt sich dabei nach [Amabile et al. 1997] aus der Originalität bzw. dem Neuigkeitsgrad und der Nützlichkeit einer Idee sowie dem Ausarbeitungsgrad zusammen. Eine Expertenjury ist unter der Einhaltung gewisser Prämissen ein probates Mittel zur Bestimmung der Kreativität. Da sich eine Innovation jedoch auch über den realisierten Markterfolg definiert, erfolgt häufig eine Ergänzung um das Kriterium der Realisierbarkeit (z.B. [Kristensson et al. 2004]) und des Marktpotenzials. Oft fließt auch die Passung zum Unternehmen und seiner Strategie mit in die Entscheidung ein. Während eine Bewertung der Kreativität nach wissenschaftlichen Vorgaben unabhängig voneinander erfolgen sollte, findet sich in der Realität meistens eine Diskussion bzw. ein Workshop der Experten zur Bewertung der Beiträge.

Open Evaluation

Das Abstimmen, Bewerten und Kommentieren von Produkten, Dienstleistungen oder auch nutzergenerierten Inhalten sind typische Elemente des Web 2.0 und schon aus den frühen Tagen des eCommerce bekannt. Von Amazon bis YouTube äußern Kunden, Nutzer und Interessierte ihre Meinung. Besonders in Form von Empfehlungssystemen spielen derartige Bewertungsformen eine wichtige Rolle. Neu hingegen ist die Verwendung im...

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