Future Skills trainieren - Kompetenzentwicklung für die neue Arbeitswelt

Future Skills trainieren - Kompetenzentwicklung für die neue Arbeitswelt

von: Ella Gabriele Amann

Haufe Verlag, 2023

ISBN: 9783648173480

Sprache: Deutsch

256 Seiten, Download: 2193 KB

 
Format:  EPUB

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Future Skills trainieren - Kompetenzentwicklung für die neue Arbeitswelt



Was Zukunftskompetenzen auszeichnet


Wachstum in der Natur erfordert Nährstoffe, Licht, Wasser und einen fruchtbaren Boden. Ähnlich ist es bei der Entwicklung von Future Skills. Auch sie zeichnet aus, dass es dafür die richtigen Ressourcen und ein tieferes Verständnis ihrer natürlichen Merkmale braucht, damit sie wachsen und Früchte tragen können.

In diesem Kapitel lernen Sie die zehn maßgeblichen Faktoren kennen. Sie erfahren unter anderem,

welche große Rolle Selbstorganisation dabei spielt,

welche Ressourcen als Treibstoff wirken,

welchen Einfluss Lernstile haben.

Future Skills: die Definition

Zur Herausarbeitung der besonderen Merkmale der Future Skills greife ich in diesem TaschenGuide auf die Future Skills Definitionen von Ehlers zurück. Sie basieren auf einem integrativen Kompetenz-Entwicklungsansatz und berücksichtigen die ersten Hauptkapitel aufgezeigten Paradigmenwechsel und Rahmenbedingungen, unter denen Future Skills heute betrachtet und gefördert werden müssen.

Nach Ehlers definieren sich Future Skills als Kompetenzen, die es Individuen erlauben, in hoch emergenten Organisations- und Praxiskontexten selbstorganisiert (erfolgreich) handlungsfähig zu sein.

Damit sind Future Skills im eigentlichen Sinne Kompetenzen, die auf kognitiven, motivationalen, volitionalen sowie sozialen Ressourcen basieren. Sie sind wertebasiert und man kann sie sich in einem Lernprozess aneignen (Ehlers, S. 57).

Future Skills Merkmale

Aus der Definition von Ehlers lassen sich folgende Kompetenz-Merkmale ableiten, die für das Vorliegen und für die Entwicklung von Future Skills maßgeblich sind:

1.Arbeit mit einem Kompetenzansatz

2.Emergenter Gestaltungskontext

3.Fähigkeit zum selbstorganisierten Handeln

4.Vorhandensein kognitiver Ressourcen

5.Vorhandensein motivationaler Ressourcen

6.Vorhandensein volitionaler Ressourcen

7.Vorhandensein sozialer Ressourcen

8.Sind wertebasiert

9.Können im Lernprozess angeeignet werden

10.Besitzen Zukunftsrelevanz

Betrachten wir diese 10 sehr abstrakt-wissenschaftlich anmutenden Kriterien etwas genauer. Nach meiner Erfahrung als Future Skills Developer sind Personalentwickler:innen, Führungskräfte und Mitarbeiter:innen mit emergenten Gestaltungskontexten und mit den Prinzipien der Selbstorganisation bislang noch am wenigsten vertraut. Daher werde ich im Folgenden auf Emergenz und Selbstorganisation ausführlicher eingehen.

Was unterscheidet Future Skills also von anderen Fertigkeiten und Kompetenzen und worauf sollten Sie als Future Skills Developer achten?

Merkmal 1: der integrative Kompetenzansatz

Bei der Förderung von Future Skills geht es um mehr als nur das Training isolierter Fertigkeiten (siehe hierzu auch bereits Kap. »Forschung, Frameworks und Kategorien«). Für die Weiterbildungspraxis benötigen wir ein fundiertes Kompetenz-Modell und ein klares Verständnis vom wirksamen Aufbau einer Kompetenz-Entwicklungsmaßnahme.

Die in der Forschung und Praxis angebotenen Kompetenz-Modelle unterscheiden sich je nach Anbieter:in. Achten Sie bei der Konzeption Ihrer Future Skills Maßnahmen und bei der Auswahl eines Future Skills Experten Teams darauf, dass dieses im Hintergrund mit einem soliden Kompetenzmodell arbeitet.

Kompetenz-Ansatz: Lassen Sie sich das Kompetenz-Modell und damit auch den Kompetenz-Entwicklungsansatz erklären.

Glaubwürdigkeit: Wie zeigt das anbietende Unternehmen, dass es die Future Skills, um die es bei der Maßnahme geht, selbst auf sich und auf seine Arbeitsweise anwendet?

Erfahrung: Kann das anbietende Unternehmen auf Referenzprojekte verweisen? Wenn nicht: Ist allen Beteiligten bewusst, dass die Future Skills Maßnahme den Charakter eines Prototyps hat?

Erwartungsmanagement: Gibt es eine Evaluation und ein klares, über alle Beteiligten hinweg kommuniziertes Erwartungsmanagement?

Merkmal 2: emergenter Gestaltungskontext

Seit 20 Jahren wächst das Bewusstsein darüber, dass unsere Arbeitswelt zunehmend von Unsicherheit und Unplanbarkeit geprägt ist. Die Zusammenarbeit in hochkomplexen Arbeitskontexten kann nicht mehr mit Mikromanagement und festen Vorgaben geregelt werden. Mitarbeiter:innen müssen ihre Arbeitsaufgaben mehr und mehr selbstständig erledigen. Auch sorgen disruptive Innovationen und multiple Krisen für eine gute Portion Chaos in unserem Berufs- und Privatleben. Menschen müssen daher neue Wege der Selbst- und Arbeitsorganisation finden, um mit diesen Phänomenen unserer Zeit umgehen zu können. Hierbei hilft es, in Emergenz-Kategorien zu denken.

Emergenz gibt Auskunft darüber, ob und auf welcher Regelbasis Selbstorganisation in sozialen Systemen funktioniert (Ehlers 143).

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Einfach ausgedrückt, kann man sagen, dass Emergenz für eine altbekannte Weisheit oder Erkenntnis steht: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Emergenz entsteht auf der Basis spontaner Selbstorganisation. Auf einer höheren Stufe bildet sich eine neue Qualität oder auch ein Zustand heraus, die oder der zuvor noch nicht vorhanden war und sich nicht allein durch die Eigenschaften der beteiligten Elemente im System erklären lässt.

Man spricht in diesem Falle auch von einem emergenten Transformationsprozess: Der Systemzustand B ergibt sich nicht direkt aus dem Systemzustand A, seinen Teilchen oder seinen Teilsystemen (Stein 2004). Es entsteht vielmehr ein neuer qualitativer Zustand, der nicht vorhersagbar ist. Emergente Phänomene werden in der Physik, Chemie, Biologie, Mathematik, Psychologie, der Gehirnforschung oder Soziologie beschrieben. Sie lassen sich nicht allein mit physikalischen Gesetzmäßigkeiten erfassen und erklären.

Doch wenn wir emergente Transformationsprozesse nicht vorhersagen können, hilft uns dieser Ansatz dann überhaupt im Rahmen der Kompetenzentwicklung?

Emergenz am Beispiel des Flow-Effekts

Meiner Erfahrung nach lässt sich Emergenz im Bereich der Kompetenzentwicklung durchaus fördern. Ein Beispiel dafür ist der Flow-Effekt. Jedes Team wünscht sich, gemeinsam im Flow zu sein, in der Arbeit aufzugehen, sich voll konzentrieren, mit einer gewissen Leichtigkeit arbeiten und dabei auch Unerwartetes leisten zu können. Alle kennen diese Flow-Momente, doch niemand kann sie vorhersagen, wirklich planen. Und niemand weiß hinterher, wodurch sie exakt entstanden sind.

Seit 30 Jahren spiele ich in professionellen Improvisations-Ensembles. In der angewandten Improvisation hat man es ständig mit Ungewissheit und Unplanbarkeit zu tun. Um den hierbei so wichtigen Flow-Moment einzuladen, greifen wir auf eine Strategie zurück, die wir »das Schaffen günstiger Rahmenbedingungen« nennen.

Günstige Rahmenbedingungen für Emergenz

Mit der Schaffung günstiger Rahmenbedingungen garantieren wir nicht das Eintreten von Emergenz-Phänomenen wie den Flow. Erzwingen lässt sich diese Transformation ja bekanntlich nicht. Was wir jedoch tun können, ist die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die gewünschten Transformationsprozesse eintreten können – so, wie es professionell arbeitende Improvisations-Ensembles tun, um Flow-Effekte zu erzeugen. An deren Arbeit lässt sich erkennen, dass Rahmenbedingungen wie soziale Sicherheit, Vertrauen, Offenheit, das Teilen bestimmter Werte, Prinzipien und das freie Spiel mit dramatischen Grundstrukturen, die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Zusammenarbeit im Team nicht nur ganz gut wird, sondern dass diese besonderen Flow-Momente zwischen den Akteur:innen entstehen.

In diesem Flow-Zustand können Improvisations-Ensembles nicht nur das Unbekannte meistern, sie können als Team besondere Fertigkeiten aus sich herausholen und situative Kompetenzen zeigen, die der Einzelne für sich nicht hätte abrufen können.

Kommen wir nun dazu, wie sich Emergenz-Phänomene im Rahmen der Kompetenzentwicklung nutzen lassen. Dies demonstriere ich Ihnen an einem praktischen Beispiel.

Future Skills Story: Mit dem Flow gehen

Klaus arbeitet als Führungskraft in einem Unternehmen, welches auf das Design und den Einbau von Restaurant-Küchen spezialisiert ist. Sein Team besteht aus fünf Personen. Zeitweise arbeitet es für den Kunden A, eine Restaurantkette. A hat in diesem Projekt die Design-Prozesse, Entwürfe und Arbeitsschritte beim Einbau mit festen Vorgaben flankiert. Die Arbeit wird vom Team stets zeitgerecht und qualitativ zufriedenstellend erledigt. Die Stimmung ist gut. Der Kunde ist zufrieden.

Dasselbe Team arbeitet ebenfalls für den Kunden B, auch eine Restaurantkette. Er lässt dem Team von Klaus in vielen Design-Aspekten freie Hand. Auch die Organisation des gesamten Einbaus können Klaus und sein Team frei gestalten. B schaut bei der Abnahme nur, was dabei...

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