Yurashi-Therapie - Homöostase der Muskulatur als Weg und Ziel

Yurashi-Therapie - Homöostase der Muskulatur als Weg und Ziel

von: Koji Matsunaga

HPSD-Verlag der Heilpraktikerschule Düsseldorf, 2017

ISBN: 9783944147079

Sprache: Deutsch

92 Seiten, Download: 264 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Yurashi-Therapie - Homöostase der Muskulatur als Weg und Ziel



Kapitel 1


Wie ist die Theorie der „Umstellung der Homöostase“ entstanden?

Bevor ich auf die „Umstellung der Homöostase" eingehe, ist eine Schilderung angebracht, wie diese außergewöhnliche und ausgefallene Idee entstanden ist, dass sich das Gleichgewicht des Muskelgewebes, selbst das der unwillkürlichen glatten Muskulatur, verändern kann. Die Theorie von der Umstellung der Homöostase wurde in der Praxis als anwendungs-orientierter, wissenschaftlicher Ansatz entwickelt. An dieser Stelle möchte ich, auf meine persönlichen Erfahrungen zurückblickend, die Vorgeschichte der Entstehung dieser Theorie schildern.

Beweggründe für die Wahl des Therapeutenberufes

Ich habe 1998 eine kleine Heilpraxis in Tokio eröffnet. Die Therapieform, durch sanfte Berührungen Muskelkontraktionen zu lösen, wurde damals in Japan skeptisch beäugt, da Therapiemethoden mit starker Stimulation in Mode waren. Die sanfte Herangehensweise lässt sich jedoch eindeutig begründen. Jede Muskulatur zieht sich zusammen, wenn ein Abwehrinstinkt ausgelöst wird, sodass eine kräftige Stimulation oftmals zu Verspannungen führt. Daher empfiehlt sich ein sanfter Ansatz.

Diese Idee und Therapieform fand vor allem bei älteren Menschen, Kindern und Schwangeren Anklang sowie auch bei Patienten, die sich eine schmerzlose Behandlung wünschen, keine kräftigen Berührungen mögen oder an starken Schmerzen leiden. So hatte ich das Glück, viele Klienten zu gewinnen, obwohl es in Japan mehr körpertherapeutische Praxen gibt als Friseursalons und es als schwierig gilt, eine Praxis länger als zwei Jahre zu halten.

Das Motiv, das mich zum Beruf des Körpertherapeuten bewegte, war meine eigene schlechte körperliche Verfassung. Zuvor war ich bei einem Pharmagroßhandel angestellt. Damals litt ich an einer schlimmen Migräne. Wenn ich morgens aufstand, hatte ich bereits Kopfschmerzen. Bis ich abends ins Bett ging, spürte ich andauernd Schmerzen. Die Schmerzen waren je nach Tagesform unterschiedlich. Bei starken Schmerzen musste ich den Kopf leicht gegen einen Metallpfeiler stoßen, um mich von den Schmerzen abzulenken.

Da ich beruflich ohnehin viel mit Krankenhäusern zu tun hatte, unterzog ich mich verschiedenen Untersuchungen wie Röntgen, MRT, EEG und Bluttest.

Darüber hinaus wandte ich mich an einen Spezialarzt für Kopfschmerzen. Keine der Untersuchungen gab Aufschluss über die Ursache der Beschwerden, und keiner der Ärzte – unter ihnen waren auch Fachärzte – konnte eine klare Diagnose stellen, sodass meine Beschwerden als einfache Kopfschmerzen abgehandelt wurden.

Auch wenn keine konkrete Diagnose gestellt wurde, änderte sich nichts an meinen Kopfschmerzen, die meine berufliche Tätigkeit beeinträchtigten. Täglich nahm ich Kopfschmerztabletten ein. Ich war stets leicht benommen, blass und gestresst.

Nach drei Jahren setzten Bewusstseinsstörungen ein. Die erste Bewusstlosigkeit erlebte ich zu Hause; ich fiel nach einem tiefen Atemzug plötzlich in Ohnmacht. Beim Autofahren klopfte mein Herz heftig, beim Essen wurde mir schwindlig. Wenn ich versuchte, solche Anfälle einfach nur auszuhalten, wurde ich von plötzlichen Schweißausbrüchen heimgesucht. Es ging so weit, dass ich auf einem Bahnsteig bewusstlos wurde und mit völlig blutverschmiertem Kopf wieder zu mir kam. Daraufhin musste ich zwei Wochen lang stationär behandelt werden.

Ich war sehr verunsichert, da ich nicht wusste, was mir noch passieren würde, wenn ich nichts unternähme. Ich war mutlos und stets nervös. Ich ging regelmäßig zum Arzt, aber keiner konnte die Ursache für meine Symptome finden. Als ich nicht aufhörte, über meine Beschwerden zu klagen, schlug mir ein Arzt vor, eine psychosomatische Ambulanz aufzusuchen. Ich war empört. Sollte das ein schlechter Scherz sein? Meine Schmerzen waren echt, ich litt darunter und brauchte Hilfe!

Es war, als stünde ich am Eingang eines ausweglosen Tunnels. Ich dachte die ganze Zeit darüber nach: So ging es nicht weiter. Was war die Alternative, wenn die Mediziner mir nicht weiterhelfen konnten? Der Schulmedizin und Medikamenten gegenüber war ich mittlerweile misstrauisch eingestellt und war auch fast schon entschlossen, die Stelle im Pharmagroßhandel zu kündigen. Mein Vater, der im Handel mit Fitnessgeräten tätig war, hatte von einem Therapeuten in Niigata gehört, der angeblich Beschwerden aller Art beheben könne. Er schlug mir vor, diesen aufzusuchen.

Aus der Sicht der modernen Medizin ist die Behauptung, alles heilen zu können, höchst fragwürdig, und auch ich war skeptisch, obwohl ich der Schulmedizin ja selbst nicht vertraute. Trotzdem wollte ich alles ausprobieren, was eine Möglichkeit zur Genesung versprach. Bald beantragte ich einen einwöchigen Urlaub und reiste nach Niigata. Ein Ertrinkender klammert sich an jeden Strohhalm.

Alternative Heilmethoden gehören auch zur Medizin

Der Therapeut in Niigata hieß Hiroshi Yamada und bediente sich einer bemerkenswerten Therapiemethode. Während einer Therapie wird der Patient mehrmals leicht berührt oder bewegt. Für einen Laien ist es kaum nachvollziehbar, was dabei passiert, auch wenn man sich selbst der Behandlung unterzieht.

Laut Meister Yamada waren meine Beschwerden durchaus schwerwiegend. Als Teenager hatte ich mir den Hals schwer verletzt, was mir allerdings nicht bewusst war, sodass meine Halsmuskulatur außergewöhnlich verspannt war. Unmittelbar nach der Behandlung bemerkte ich keine Verbesserung. Da ich mir von dieser Therapie einiges erwartet hatte, war meine Enttäuschung umso größer. Am darauffolgenden Morgen bemerkte ich jedoch eine deutliche Veränderung.

Die Schmerzen, die mich drei Jahre lang begleitet hatten, waren zwar nicht komplett verschwunden, hatten sich aber merklich gebessert. Im Vergleich mit den leichtesten Schmerzen, die ich damals kannte, waren die Schmerzen an jenem Morgen etwa nur noch halb so schlimm.

Obwohl Ärzte und Krankenhäuser ihr gesamtes Repertoire an mir ausprobiert hatten, musste ich die Schmerzen drei Jahre lang ertragen. Dass eine einzige Behandlung diese Schmerzen lindern konnte, war eine große Überraschung. Ich vertraute zwar damals der Schulmedizin und den Medikamenten nicht mehr, interessierte mich aber nach wie vor für die Gesundheit und das Wohlergehen des Menschen. Die Erfahrung mit Meister Yamada überzeugte mich und das bewog mich zu einem fachlichen Studium dieser Therapieform. Ich fasste den Entschluss, Neuland zu betreten. Ich reichte die Kündigung bei meinem Arbeitgeber ein und startete einen Monat später mein neues Leben in einer neu angemieteten Wohnung in Niigata.

Erst später erfuhr ich, dass sogenannte ergänzende alternative Therapieformen wohl eine eigene Kategorie von Behandlungsmethoden darstellen und bei von der Schulmedizin schwer behandelbaren Symptomen angewendet werden können. Die oben geschilderte Erfahrung war für mich die erste Begegnung mit diesen Heilmethoden, die auch als ‚Volksmedizin' oder ‚traditionelle Medizin' bezeichnet werden und die damals in Japan außerhalb der Schulmedizin angesiedelt wurden.

In Japan sind Therapieformen wie die traditionelle Medizin oder die Volksmedizin, mit Ausnahme der Judo-Therapie (traditionell „Knochenbrecher“, in Japan staatl. anerkannter Beruf, Anm. d. Hrsg.) sowie der Akupunktur und Massage gesetzlich nicht geregelt. Da diese Berufe nicht geschützt sind, ist die berufliche Grundlage der Therapeuten (nur unzureichend vergleichbar den Heilpraktikern in Deutschland) relativ instabil. Neue Patienten kommen meist durch Empfehlungen anderer, die mit den Ergebnissen der Behandlungen, die sie erlebt haben, unzufrieden sind.

Meister Yamada war auch ein solcher Therapeut. Er hatte nie an einem Fachinstitut oder an einer Universität Medizin studiert. Als Praktiker beruhte seine Heilkunst ausschließlich auf Erfahrungswerten. Trotzdem suchten jeden Tag ca. 30 bis 40 Patienten seine Praxis auf und er behandelte manchmal sogar bis zu 14 Stunden am Tag ohne Unterbrechung.

Meister Yamada hatte sich seine Behandlungstechnik fast ausschließlich autodidaktisch angeeignet. Dementsprechend eigentümlich war seine Methode der Wissensvermittlung. Wie es bei japanischen Handwerkern oft der Fall ist, lautete die Devise bei ihm: Zuschauen und nachahmen! Dies galt jedoch vor allem in der Anfangsphase seiner Praxis. Später stellte auch er auf eine theoriegestützte Lehrmethode um. Zu meiner Zeit war die Ausbildung jedenfalls noch mit einer Handwerkerlehre vergleichbar.

Im ersten Monat stellte sich Meister Yamada fast nie als Versuchspatient zur Verfügung. Wenn, dann kommentierte er nur lakonisch: „Falsch." Sicherlich war ich auch frustriert, aber ich verstand mich gut mit den anderen Schülern und wir bekamen genügend Übung, indem wir uns gegenseitig behandelten. Im zweiten Monat hörte ich immer seltener den Kommentar „Falsch!" von Meister Yamada. Nach einem weiteren Monat belohnte er mich erstmals mit einem „Genau richtig!" Neue Auszubildende erklärten bei den Übungen sogar, dass sie für meine Behandlung auch...

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